Trump und die Russland-Affäre Trump denkt über Selbstbegnadigung nach

Washington · Der US-Präsident trifft Vorkehrungen, um einer möglichen Anklage im Zusammenhang mit der Russland-Affäre zu entgehen. Doch diese zieht immer weitere Kreise.

Wenn Donald Trump sauer ist, zwitschert er. Wenn Donald Trump super sauer ist, zwitschert er im Stundentakt. Allein am Samstag deckte Amerikas Präsident seine 34 Millionen Anhänger auf Twitter über zehn Mal mit kurzen, meist unleidlichen Botschaften ein. Thematischer Spitzenreiter: die Russland-Affäre. Sie begleitet Trumps Präsidentschaft seit Tag 1. Und sie kann in dieser Woche prekär werden. So prekär, dass der Präsident bereits vorsorglich ventilieren lässt, ob er am Ende Mitarbeiter, Mitglieder der Familie und – sich selbst – begnadigen kann, um einer Anklage zu entgehen. Berichtet die „Washington Post“ und beruft sich auf Quellen im Weißen Haus.

Trumps Konter fiel ambivalent aus. Im Moment gebe es keine Veranlassung, darüber „nachzudenken“. Allerdings seien sich „alle einig, dass der US-Präsident die vollständige Macht zu begnadigen hat“. Von Einigkeit kann keine Rede sein. Viele Rechtsgelehrte warnen vor einem „beispiellosen Angriff auf die Verfassung“.

Trumps präventive Gedankenspiele ergeben sich aus einer explosiven Gemengelage. Die vom ehemaligen Chef der Bundespolizei FBI, Robert Mueller, geleiteten Ermittlungen in der Frage, ob Team Trump mit Getreuen aus dem Umfeld von Russlands Präsident Wladimir Putin im Wahlkampf 2016 illegal gemeinsame Sache gemacht hat, weiten sich derart aus, dass Trump um sein „Allerheiligstes“ fürchtet: seine wahren finanziellen Verhältnisse. Sprich: seine Steuererklärung. Sie würde zweifelsfrei darüber Auskunft geben, ob sich der Präsident möglicherweise in finanzieller Abhängigkeit von russischen Akteuren befindet und erpressbar wäre. Er selber streitet das vehement ab.

Detaillierte Auskunftsbegehren der hochkarätigen Experten für Wirtschaftskriminalität und Geldwäsche um Mueller haben unter Trumps Anwälten Alarmglocken ausgelöst. Darum Trumps wütende Attacken gegen Justizminister Jeff Sessions. Der hatte sich in der Causa Russland für befangen erklärt und Mueller damit indirekt erst möglich gemacht. Darum die unverhohlene Drohung Trumps, Mueller absetzen zu lassen, falls dieser seinen (de facto unbegrenzten) Untersuchungsauftrag nicht einengt.

Dass selbst republikanische Abgeordnete dieses Vorgehen hinter vorgehaltener Hand als den Versuch „unlauterer Einflussnahme“ des Weißen Hauses bezeichnen, kümmert Trump wenig. „Er versucht Brandmauern hochzuziehen“, sagte ein ehemaliger Clinton-Berater dieser Zeitung, „bevor das Feuer nicht mehr unter Kontrolle zu bringen ist.“

Inzwischen zieht die Russland-Affäre immer neue Kreise. Trumps Schwiegersohn Jared Kushner, Trumps ältester Sohn Donald jr. und der frühere Wahlkampfkoordinator Paul Manafort sollen in dieser Woche gegenüber Senatsauschüssen Rechenschaft über ihr Treffen im Juni 2016 mit der kremlnahen Anwältin Natalia Weselnizkaja und anderen russischen Akteuren Auskunft geben. Und Justizminister Sessions steht plötzlich unter Lügenverdacht. Von US-Geheimdiensten abgehörte Gespräche des just abberufenen russischen Botschafters Sergej Kisljak mit ihm sollen laut „Washington Post“ belegen, dass Sessions – anders als von ihm unter Eid bekräftigt – mit dem Kreml-Gesandten sehr wohl über sensible politische Fragen des russisch-amerikanischen Verhältnisses diskutiert hat.

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