Internationale Konferenz in Bonn Trinkwasser wird zum knappen Gut

BONN · Auf dem sogenannten Wasserplaneten Erde wird das Süßwasser knapp: Das ist keine neue Warnung, aber eine, die weiter aktuell ist - und gestern auf einer internationalen Konferenz im Bonner Maritim-Hotel erneuert wurde.

Mehr als 300 Wissenschaftler, Vertreter von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Regierungen tagen noch bis Freitag unter dem beziehungsreichen Titel "Wasser im Anthropozän - Herausforderungen für Wissenschaft und Politik". Abgeleitet aus dem griechischen "Anthropos" (Mensch) bedeutet der Begriff "Anthropozän" eine Revolution in der Nomenklatur der Erdzeitalter, nach der wir uns gerade im Holozän bewegen, das vor rund 11.000 Jahren nach der letzten Eiszeit begann.

Das Copyright auf die Wortschöpfung "besitzt" der Chemie-Nobelpreisträger und Ozonloch-Erklärer Paul Crutzen, der damit im Jahr 2002 verdeutlichen wollte, dass menschliches Handeln und seine Folgen inzwischen den Planeten so stark präge, dass es mit natürlichen Einflussfaktoren gleichgezogen habe.

Auf das Wasser bezogen: Flüsse wurden und werden begradigt oder umgeleitet, Mega-Staudämme errichtet, Bewässerungstechniken im großen Stil zur Nahrungsproduktion eingesetzt, wodurch die Grundwasserreserven radikal schrumpften. Nicht zuletzt steht der Aral-See an der Grenze von Kasachstan und Usbekistan als Mahnmal für das "Wasser-Anthropozän": Seine Zuflüsse wurden jahrzehntelang auf Baumwollplantagen umgelenkt, und der See geriet zur Pfütze.

Die gestern von Wilfried Kraus, Leiter der Unterabteilung "Nachhaltigkeit, Klima, Energie" im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), eröffnete und vom Global Water System Project (GWSP) organisierte Konferenz will Entscheidungsträgern und Politikern helfen, vor Ort nachhaltige Lösungen in Sachen "Süßwasser" zu finden.

Denn in zahlreichen trockenen Erdwinkeln wird schon lange heftig ums Wasser gestritten. Zahlreiche Flüsse, wie etwa der Nil, sind längst konfliktreiche Lebensadern. Nach UN-Angaben sind 800.000 Menschen ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser, während 2,5 Milliarden, rund 35 Prozent der Weltbevölkerung, ohne einfachste sanitäre Einrichtungen leben.

Schließlich: kein Brot ohne Wasser. 40 Prozent der Welternährung werden inzwischen durch künstliche Bewässerung produziert. Dabei ist Effektivität meist ein Fremdwort, weil ein Großteil des kostbaren Grundwassers verdunstet, bevor es die Pflanze erreicht. Die große Verschwendung grassiert aber auch in Metropolen und Megacities: Lecks in maroden Leitungssystemen verursachen Verluste von 50 Prozent, etwa in der indonesischen Hauptstadt Jakarta - Wasser versickert so ohne jeden Nutzen.

Auch globale Wasserkreisläufe ändern sich. Immer mehr Flüsse erreichen das Meer nicht mehr, gleichzeitig verteilt der Klimawandel, wohinter wiederum der Mensch steckt, die Niederschläge neu. Tendenz: Trockene Gebiete werden (noch) trockener, feuchte (noch) feuchter. Der Bonner Konferenz mangelt es nicht an Süßwasser-Problemthemen.

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