James Foley Opfer islamistischer Kämpfer Terrormiliz enthauptet US-Journalisten

WASHINGTON · Als unter den Besuchern, die am späten Dienstagabend im Haus von John und Diane Foley in Rochester im US-Bundesstaat New Hampshire ein und aus gingen, ein Priester gesichtet wurde, war auch der letzte Funken Hoffnung dahin.

 James Foley bei der Arbeit: Der Lehrer sattelte spät auf Journalismus um. Von vorderster Front zu berichten, war sein größtes Anliegen. "Er hat sein Leben dafür gegeben, der Welt das Leid der Menschen in Syrien zu zeigen", sagten seine Eltern gestern.

James Foley bei der Arbeit: Der Lehrer sattelte spät auf Journalismus um. Von vorderster Front zu berichten, war sein größtes Anliegen. "Er hat sein Leben dafür gegeben, der Welt das Leid der Menschen in Syrien zu zeigen", sagten seine Eltern gestern.

Foto: dpa

Wenige Stunden später bestätigten amerikanische Regierungsvertreter und der britische Außenminister gegenüber Medien, was bis dahin nur unbeglaubigter Wahnsinn in einem grausamen Video zu sein schien: Zum ersten Mal seit Ausbruch des Syrien-Konflikts im Frühjahr 2011 hat das radikal-islamistische Terror-Netzwerk "Islamischer Staat" (IS) einen amerikanischen Staatsbürger ermordet und sich damit auf perfide Weise gebrüstet.

In dem Todesvideo spricht James Foley (40) mit gefasster Stimme. Nur sein Blick lässt seine Not ahnen. "Ich rufe meine Freunde und meine Familie auf, sich gegen meine wahren Mörder zu erheben", sagt er. "Gegen die US-Regierung." Der amerikanische Fotojournalist kniet in einem orangen Overall in der Wüste. Neben ihm steht ein schwarz vermummter Dschihadist der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Er hält ein kleines Messer in seiner Hand. Mit diesem wird er James Foley wenig später köpfen.

Adressat des technisch anspruchsvollen Videos (Titel: "Eine Botschaft an Amerika") ist Barack Obama. Seit der amerikanische Präsident grünes Licht gab für eine militärische Antwort auf die wachsende Bedrohung durch die Dschihadisten sind über 70 Luftangriffe auf IS-Ziele im Nordirak geflogen worden.

Obamas Ankündigung, die Bombenkampagne werde Monate andauern, setzten die Islam-Terroristen mit der Hinrichtung Foleys jetzt die erste Reaktion entgegen. Versehen mit der Drohung, weitere US-Staatsbürger zu töten, wenn das Weiße Haus die Luftangriffe nicht einstellt. Mit dem ebenfalls in Syrien entführten US-Journalisten Steven Sotloff (Time, Foreign Policy) wurde ein weiteres potenzielles Opfer vorgeführt; im orange-farbenen Gefängnis-Overall, kahl geschorenem Kopf und auf den Knien.

Das politische Washington reagierte erwartungsgemäß. Von einem "barbarischen Akt" und einem "scheußlichen Verbrechen" sprachen Vertreter von Regierung und Parteien in ersten, noch vorsichtigen Stellungnahmen. Der IS erweise sich zunehmend als direkte Bedrohung Amerikas, sagten republikanische Abgeordnete und forderten eine "starke Antwort" der Regierung, die sich bislang auf chirurgische Luftangriffe im Nord-Irak beschränkt.

Dass die Entrüstung über das Verbrechen dennoch formelhaft geriet, liegt nach Ansicht von Denkfabriken in Washington auch daran, dass die USA "seit zwölf Jahren mit den auf die Verbreitung von Angst und Schrecken zielenden Ritualmorden vertraut sind, bei denen Dschihadisten archaische Bestialität mit den Möglichkeiten digitaler Kommunikation verbinden"

Als im Januar 2002 der Wall Street-Journal-Reporter Daniel Pearl in Pakistan vor laufender Videokamera enthauptet wurde, war der Aufschrei gewaltig. "Bombt sie zurück in die Steinzeit, diese Barbaren", schrieben manche Kommentatoren. Als 2004 der jüdisch-amerikanische Geschäftsmann Nicholas Berg (26) auf ähnliche Weise durch die Hand des Terroristenführers Abu Mussab Al Zarkawi starb, war die Empörung deutlicher überschaubarer. Zwei Jahre später wurde Zarkawi bei einem US-Luftangriff liquidiert. Präsident Obama wird, wie in anderen Fällen auch, Weisung erteilen, die Verantwortlichen für den Mord an James Foley zur Rechenschaft zu ziehen. Mit allen Mitteln.

James "Jim" Foley hatte seit Jahren aus Krisen-Regionen wie Afghanistan, Irak und Libyen berichtet, wo er im Frühling 2011 sechs Wochen in Gefangenschaft geriet. Vor seinem Wechsel in die Medienbranche arbeitete Foley als Lehrer für benachteiligte Jugendliche und Häftlinge. Auch darum lag der Konflikt in Syrien dem dunkelhaarigen, schlaksigen Mann besonders am Herzen: "Ich liebe es, darüber zu berichten."

Mit 35 entschied er sich, Journalismus zu studieren. Nach dem Abschluss gehörte zu seinen ersten Aufträgen, eingebettet in den Reihen der US-Armee vom Krieg in Afghanistan zu berichten. "Ohne diese Fotos aus erster Hand könnten wir nicht erzählen, wie schlimm es wirklich ist", begründete er den Wunsch, am liebsten an vorderster Front zu arbeiten. Seine Eltern reagierten in ihrem Schmerz bemerkenswert. "Wir sind niemals stolzer auf unseren Sohn Jim gewesen. Er hat sein Leben dafür gegeben, der Welt das Leid der Menschen in Syrien zu zeigen", sagten sie.

Mit Blick auf weitere 20 verschleppte Journalisten verschiedener Nationalitäten, die das New Yorker Medien-Komitee CPJ in Syrien wähnt, rief Diane Foley die IS-Terroristen zur Umkehr auf: "Wir flehen die Kidnapper an, das Leben der restlichen Geiseln zu verschonen. Wie Jim sind auch sie Unschuldige. Sie haben keine Kontrolle über die Politik der US-Regierung im Irak, in Syrien oder irgendwo in der Welt."

Medien verzichten auf Schockbilder

Die Mehrheit der großen deutschen Nachrichtenmedien verzichtet auf Bilder von der mutmaßlichen Enthauptung des US-Journalisten James Foley durch die Terrormiliz Islamischer Staat.

Spiegel Online wird weder Videoaufnahmen noch Bilder von der mutmaßlichen Hinrichtung zeigen und auch keinen Link zum Schockvideo einbauen, wie der Geschäftsführende Redakteur Rüdiger Ditz sagte. "Das war einhellige Meinung in der Redaktionskonferenz. Die Bilder zu zeigen, wäre reine Propaganda für den IS."

Ähnlich argumentierte man auch bei der Süddeutschen Zeitung: "Das Kalkül der Terroristen, mit Schockbildern Furcht, Schrecken und Horror zu verbreiten, darf nicht aufgehen", erklärte "SZ"-Politikchef Heribert Prantl. "Man darf sich nicht zum nützlichen Idioten von terroristischen Verbrechern machen." Die Redaktion sei sich einig, die Bilder nicht zu zeigen. "Es ist ausreichend, die Verbrechen schriftlich darzulegen", sagte Prantl.

Auch der General-Anzeiger schließt sich dieser Ansicht an und zeigt weder Bilder noch Video.

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