Inklusion Tausende Eltern kämpfen für die Förderschulen

DÜSSELDORF · Tausende Eltern in NRW kämpfen für den Erhalt von Förderschulen für behinderte Kinder. Der Vorsitzende der Bildungsgewerkschaft VBE, Udo Beckmann, fürchtet eine "kalte Schließung" von zwei Dritteln der 284 Förderschulen. Die Ursache: NRW hat die Mindestschülerzahl auf 144 festgelegt - bisher war in Ausnahmen eine Mindestgröße von 72 Schülern möglich.

Fenja (rechts) mit Down-Syndrom lernt mit anderen.

Fenja (rechts) mit Down-Syndrom lernt mit anderen.

Foto: dpa

"Es werden weiße Flecken in der Förderlandschaft entstehen", sagte Beckmann unserer Zeitung. Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) wies das zurück. "Das Land schafft keine Schulformen ab und schließt keine Schulen. Entscheidend sind der Elternwille und der Bedarf", sagte Löhrmann.

Ab August tritt das neue Schulgesetz in Kraft, wonach behinderte Kinder einen Rechtsanspruch auf einen Platz in der Regelschule haben. Die meisten Eltern von Kindern mit Handicap wollen das gemeinsame Lernen, ein Teil der Eltern, Lehrer und Bildungsverbände hat aber Bedenken gegen zu viel Inklusion. Der Onlineaufruf einer Elterninitiative ("Frau Löhrmann, erhalten Sie die Förderschule") hat bereits 8500 Unterstützer. CDU-Schulexperte Klaus Kaiser fürchtet, dass voreilig "mit der Brechstange" das Förderschulsystem zerschlagen wird, ohne dass der Erfolg der Inklusion gesichert sei.

Das Schulministerium erinnerte daran, dass im Schuljahr 2013/14 bereits jeder dritte Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf eine allgemeine Schule besucht. Von 130 822 Schülern mit Förderbedarf gingen 92 417 auf eine der 690 Förderschulen. Viele Eltern von Kindern mit Handicap plagt aber die Sorge, dass ihr Kind auf einer Regelschule im Unterricht nicht "mitkommt" und nicht so gezielt gefördert werden kann wie an einer Förderschule.

VBE-Chef Beckmann beklagte zudem, dass das Schulministerium bis zu 90 Minuten Fahrtzeit für eine Strecke zur nächsten Förderschule für zumutbar hält. Bei einer Schulschließung würden die Wege deutlich länger. Beckmann bemängelte, dass NRW den Elternwillen hochhalte, gleichzeitig aber die Wahlmöglichkeit einschränke.

Ministerin Löhrmann ist sicher, dass es "durch das veränderte Elternwahlverhalten zu einem Abschmelzprozess bei den Förderschulen kommen" wird. Dies werde in erster Linie Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt Lernen betreffen. "Das ist eine Folge einerseits der demografischen Entwicklung und andererseits der Öffnung der Schulen hin zur Inklusion", sagte Löhrmann. Für eine Förderschule mit Schwerpunkt Hören und Sehen sind mindestens 110 Schüler nötig. Beim Schwerpunkt Geistige Entwicklung sind es 50 Schüler.

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