Kommentar zur zunehmenden Sonn- und Feiertagsarbeit Stell dir vor, es ist Heiligabend, und keiner kann einkaufen...

Meinung · Das Tempo steigt weiter, wenn alles möglichst sofort, überall auf der Welt erledigt werden muss. Das muss aber keine Hiobsbotschaft sein, kommentiert Sylvia Binner.

Stell dir vor, es ist Heiligabend, und keiner kann einkaufen... So lässt sich in Kürze die unselige Diskussion dieser Vorweihnachtszeit zusammenfassen. Als ob es ein unhaltbarer Zustand wäre, sich vorab für drei Tage mit Lebensmitteln einzudecken und Geschenke vorher zu besorgen. Andersherum wird ein Schuh draus: Handelt es sich doch um eine gute Gelegenheit, die Feiertage mit etwas mehr Ruhe und Besinnlichkeit zu begehen.

Eine gute Gelegenheit, die auch die Chefs im Einzelhandel ihren Mitarbeitern gönnen sollten. Gerade wenn auf der anderen Seite die Sonn- und Feiertagsarbeit in Deutschland in den vergangenen 20 Jahren erheblich zugenommen hat – quer durch viele Branchen. Jeder vierte Beschäftigte arbeitet nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes inzwischen an Sonn- oder Feiertagen. Und, die Prognose ist keinesfalls gewagt, die Zahl wird weiter steigen.

Veränderte Lebensweisen, Globalisierung und Digitalisierung fordern von vielen Arbeitnehmern steigende Flexibilität. Nicht nur lebenswichtige Jobs im Operationssaal oder bei der Feuerwehr müssen rund um die Uhr verrichtet werden. Auch in der Produktion, der Gastronomie oder bei anderen Dienstleistern wird gearbeitet, wenn andere frei haben.

Und das Tempo steigt weiter, wenn alles möglichst sofort, überall auf der Welt erledigt werden muss. Das muss keine Hiobsbotschaft sein. Vorausgesetzt es gelingt, erträgliche Regeln aufzustellen, sei es bei Arbeitszeit, Freizeitausgleich oder Gehalt. Regeln, die eine Gesellschaft diskutieren muss. Und dazu gehört auch Rücksichtsnahme auf die Bedürfnisse anderer. Nicht nur an Heiligabend.

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