Flüchtlingsintegration in NRW Städte fühlen sich bei der Integration von Flüchtlingen alleingelassen

Düsseldorf · Nordrhein-Westfalens Kommunen fordern in einem Brief an die Landesregierung mehr Hilfe ein: Besonders die Städte an Rhein und Ruhr sehen sich von der Aufgabe, Tausende Flüchtlinge zu integrieren, völlig überfordert.

 Deutsch für Flüchtlinge: Auch Sprachlehrer kosten Geld. Der Städtetag hat seine Forderungen präsentiert.

Deutsch für Flüchtlinge: Auch Sprachlehrer kosten Geld. Der Städtetag hat seine Forderungen präsentiert.

Foto: dpa

Nordrhein-Westfalens Städte sehen sich mit der Aufgabe, Flüchtlinge erfolgreich zu integrieren, völlig überfordert. „Die besten Integrationspläne werden Makulatur, wenn das Geld fehlt, sie zu verwirklichen“, sagte der Vorsitzende des Städtetages NRW, Pit Clausen (SPD), am Dienstag im Landtag. Die Kommunalen Spitzenverbände forderten das Land in einem Brandbrief auf, sich finanziell „deutlich stärker als bisher“ an den Kosten der Integration zu beteiligen. Die Kommunen seien nicht in der Lage, die dringend notwendigen Investitionen in Kinderbetreuung, Schulen, Sprachkurse, Berufsvorbereitung und in den Wohnungsbau zu stemmen.

Besonders die Großstädte an Rhein und Ruhr appellieren an Land und Bund, sie mit der „Herkulesaufgabe“ Integration nicht alleinzulassen. „Essen allein hat mehr Flüchtlinge aufgenommen als ganz Polen“, sagte Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU). Die Zugewanderten zögen bevorzugt in die Metropolen. Anfang 2015 lebten zum Beispiel in Essen rund 1350 Syrer, heute seien es mehr als 8000. „Sie stellen inzwischen die drittgrößte ausländische Bevölkerungsgruppe nach Türken und Polen“, erklärte Kufen. Die Wohnsitzauflage, die in NRW ab Dezember verhindern soll, dass anerkannte Asylbewerber ihren Wohnort frei wählen können, kommt nach der Einschätzung der Rathausspitzen ⋌„fast schon zu spät“.

Die Begehrlichkeit der Kommunalverbände richtet sich unter anderem auf die sogenannte Integrationspauschale des Bundes. In den Jahren 2016, 2017 und 2018 fließen jeweils 434 Millionen Euro vom Bund an das Land NRW. Das Land solle dieses Geld „zum großen Teil“ an die Kommunen weiterleiten, heißt es in dem Brief der Kommunalverbände an die Fraktionsspitzen im Landtag, mehrere Minister und an Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD). Bielefelds Oberbürgermeister Pit Clausen will in der Regierung bei diesem Thema eine „gewisse Reserviertheit“ beobachtet haben. Der Städtetag NRW möchte darüber hinaus durchsetzen, dass große Kommunen, die besonders viele Flüchtlinge aufgenommen haben und in denen viele Arbeitslose leben, mehr Geld bekommen als kleinere, finanziell gut aufgestellte Gemeinden. Davon würden vor allem die Städte im Revier oder auch Köln profitieren. Die Kopfpauschale des Landes von derzeit 10 000 Euro pro Flüchtling und Jahr müsse an die jeweiligen Bedürfnisse in den Kommunen angepasst werden. „Die 10 000 Euro reichen aber nirgendwo in NRW“, sagt Clausen.

Schlimm stehe es um die Beschäftigungs- und Ausbildungschancen für anerkannte Asylbewerber und „geduldete“ Flüchtlinge. Das Arbeitsmarktprogramm „Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen“ des Bundes, das 100 000 Arbeitsgelegenheiten für Flüchtlinge vorsieht, reicht nach Einschätzung des Städtetages NRW „hinten und vorne nicht“. In Bielefeld könnten davon nur rund 320 von 3000 Flüchtlingen profitieren, meinte Clausen. Diese Arbeitsgelegenheiten, die wie Ein-Euro-Jobs angelegt sind, müssten auch schneller als geplant angeboten werden. Bis ein Zugewanderter ein solches Jobangebot bekomme, könnten sechs Jahre vergehen, kritisierte Clausen. „Wenn sie Menschen so lange in der sozialen Hängematte lassen, dann richten sie sich am Ende ganz darin ein.“

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