Fahrverbote für Diesel Städte drängen auf die Blaue Plakette

Berlin/Bonn · Die Kommunen fordern eine praxisnahe Regelung für die Luftreinhaltung in den Ballungszentren. Auch in Bonn und Köln sind zu viel Schadstoffe in der Luft.

Die deutschen Städte schlagen Alarm wegen der zu hohen Feinstaub- und Stickoxidbelastung und fordern Bund und Länder ultimativ auf, ihren Widerstand gegen die Blaue Plakette im Stadtverkehr aufzugeben. Nur mit einer solchen Kennzeichnung könne es den Städten gelingen, besonders schädliche Dieselfahrzeuge aus den Zentren zu verbannen, sagte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Städtetags.

„Die Weigerung der Regierungskoalition, die Blaue Plakette für Dieselfahrzeuge mit geringeren Schadstoffwerten einzuführen, macht praktikable Lösungen unmöglich. Deshalb brauchen wir die Blaue Plakette, und zwar so schnell wie möglich“, forderte Dedy. Deutsche Städte haben schon seit Jahren massive Probleme mit schlechter, gesundheitsgefährdender Luftqualität. Der zulässige, jahresdurchschnittliche EU-Grenzwert für Stickstoffoxid etwa wurde laut Umweltbundesamt (UBA) 2016 in 62 Städten überschritten.

16 Städte mit erheblicher Luftverunreinigung hat die Deutsche Umwelthilfe bereits verklagt, damit sie Maßnahmen ergreifen, um die Schadstoffbelastung zu reduzieren.

Dazu gehören auch die Städte Bonn und Köln. Die Verhandlung vor dem Kölner Landgericht liegt allerdings auf Eis, bis das Bundesverwaltungsgericht zum selben Sachverhalt eine Grundsatzentscheidung fällt. Aus Sicht der Stadt Bonn ist ein Fahrverbot wegen fehlender bundesgesetzlicher Regelungen zurzeit weder rechtssicher noch praktikabel durchsetzbar, so das Presseamt. Die Stadt hofft allerdings, dass Emissionen künftig vor allem am Fahrzeug selbst bekämpft werden können und kein Fahrverbot notwendig wird.

Die EU-Kommission hat gegen Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren angestrengt: Auch Brüssel verlangt wirksame Schritte zum Gesundheitsschutz der Bürger. Bis zu 85 Prozent der Abgasgifte stammen von Dieselmotoren. Als erste Großstadt hatte Stuttgart im Februar beschlossen, ab 2018 Fahrverbote für Dieselfahrzeuge zu verhängen, die nicht die Euro-6-Norm erfüllen.

Solche Fahrverbote sind aus Sicht der Kommunen aber nur Notlösungen. Ob sie rechtlich Bestand haben werden, ist fraglich. Zudem kann eine Stadt gar nicht effektiv kontrollieren, ob ein Fahrzeug die Euro-6-Norm hat. Der Städtetag drängt deshalb auf einen neuen Anlauf zur Einführung einer Blauen Plakette, die im Oktober an der Ländermehrheit im Bundesrat gescheitert war. Die Blaue Plakette würden alle Autos erhalten, die die Euro-6-Norm erfüllen. Nur sie dürften dafür ausgewiesene Zonen in einer Stadt befahren, die sich für die Einführung der Plaketten-Pflicht entscheidet.

Eine Grünen-Anfrage ergab, dass etwa neun von zehn Dienstwagen von Ministerien und Bundesämtern Dieselfahrzeuge sind. 2481 von 2883 Fahrzeugen werden demnach mit Diesel betrieben. Das entspricht 86 Prozent.

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