GA-Serie "5 aus 237" Serap Güler ist seit gut einem Jahr Landtagsabgeordnete

DÜSSELDORF · F. Vor ein paar Wochen war Serap Güler in Washington. US-Außenminister John Kerry hatte sie als eine von nur vier deutschen Muslimen zu einem festlichen Fastenbrechen im Ramadan eingeladen. Alle 14 Tage fliegt Güler zu Sitzungen des CDU-Bundesvorstands nach Berlin und diskutiert mit Bundeskanzlerin Angela Merkel oder den Ministerpräsidenten über den Weg der Partei. Und im nordrhein-westfälischen Landtag ist sie inzwischen integrationspolitische Sprecherin ihrer Fraktion.

Ein Jahr ist es erst her, dass Serap Güler in das Landesparlament gewählt wurde. Eine steile Karriere für die 33-Jährige, die erste Türkeistämmige in den Reihen der CDU-Landtagsfraktion. "Es kommt mir oft vor wie ein Traum", sagt sie im Gespräch mit dem GA im Foyer des Düsseldorfer Landtags, "aber ich merke auch, wie ich in dem, was ich mache, aufgehe. Es ist einfach schön."

Ob sie gemeinsam mit einem Bundestagsabgeordneten den Dürener Moscheeverein besucht, mit Siegern eines Aufsatz-Wettbewerbs aus ihrem Kölner Wahlkreis ins Phantasialand fährt oder auch in der Fraktion oder mit Bürgern über die Integrationspolitik diskutiert. "Ich mache das alles sehr gern", sagt Güler. Das schließt allerdings nicht aus, dass sie auch schon einmal nicht mit der Haltung ihrer Partei übereinstimmt.

Als SPD und Grüne im Landtag die Abgeordneten fragten, wie sie es mit der Mehrstaatlichkeit halten, sagte die CDU Nein. Bis auf Serap Güler und einen weiteren Volksvertreter. Sie halte die doppelte Staatsbürgerschaft für wichtig, weil sie zu einer Willkommenskultur für Migranten beitragen würde. Güler selbst hat erst vor drei Jahren ihren deutschen Pass beantragt. "Ich wollte nicht auf die türkische Staatsbürgerschaft verzichten, weil sie zu meiner Identität gehört - und zur Einwanderungsgeschichte meiner Familie", hat sie einmal der "Zeit" erklärt. Sie tat es dann doch, weil sie in Deutschland endlich mitwählen wollte.

Zwei Jahre später saß sie schon im Landtag, allerdings nur deshalb, weil die CDU mit 26 Prozent schlecht abgeschnitten und viele Wahlkreise verloren hatte, so dass mehr Politiker über die Landesliste ins Parlament kamen als in vergangenen Jahren. Sie selbst wohnt zwar noch in Düsseldorf, weil sie mit ihrem Mann in Köln keine passende Wohnung gefunden habe, erzählt sie. Heimisch sei sie aber dennoch in der Domstadt schon geworden.

Deshalb habe sie US-Außenminister Kerry auch einen Kölner Karnevalsorden als Gastgeschenk mitgebracht. Was der wiederum mit dem Spruch quittierte: "Oh, it's nice. I like ist." (O, ist der schön, ich mag ihn.) An den Kölnern mag Güler, dass die Menschen "ähnlich geradeheraus sind" wie in ihrer Heimat im Ruhrgebiet.

Gerade heraus ist sie auch selbst, etwa wenn es um das umstrittene Betreuungsgeld geht. Anders als viele Frauen - auch in der Union - verteidigt sie es: "Wenn der Staat Milliarden für den Ausbau der U3-Betreuung investiert, ist es in Ordnung, Eltern 150 Euro zu zahlen, wenn sie ihre Kinder bis drei Jahren zu Hause erziehen."

Ihr Beweggrund ist autobiografischer Natur: Sie komme aus einem Haushalt, in dem nicht Deutsch gesprochen wurde und sei erst mit drei Jahren in die Kindertagesstätte gekommen. "Meine Integration hat darunter nicht gelitten. Ein Kind unter drei Jahren ist eher bindungs- statt bildungsorientiert", sagt sie.

Doch Güler wäre nicht Politikerin, wenn sie all das nicht mit einem Vorwurf garnieren würde. "Das ist die Heuchelei von Rot-Grün in der Integrationspolitik: Auf der einen Seite sind die Migranten immer die Benachteiligten in der Gesellschaft, auf der anderen Seite werfen SPD und Grüne diesen Familien vor, sie seien nicht in der Lage, ihr unter dreijähriges Kind vernünftig für diese Gesellschaft zu erziehen. Das kann kein integrationspolitischer Ansatz sein." Bei einem Kind sei nichts verloren, wenn es erst ab drei Jahren in die Kita kommt.

5 aus 237

Unter dem Motto 5 aus 237 berichtet der GA in unregelmäßiger Folge über die Arbeit von fünf NRW-Landtagsabgeordneten aus dem südlichen Rheinland, die am 13. Mai 2012 erstmals ins Düsseldorfer Parlament gewählt wurden. Dabei geht es in diesen Tagen um eine erste Bilanz, die die fünf Abgeordneten nach einem Jahr im Landtag ziehen. Neben der Christdemokratin Serap Güler sind dabei: Dirk Schlömer (SPD) aus Hennef, der Bonner Grüne Rolf Beu, Ralph Bombis (FDP) aus Erftstadt und der Kölner Pirat Stefan Fricke.

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