Emmanuel Macron Senkrechtstarter und "Anti-Montebourg"

PARIS · François Hollandes neuer Joker im Kabinett ist jung, smart und ehrgeizig: Mit der Berufung des 36-jährigen Emmanuel Macron an die Spitze des Wirtschafts- und Industrieministeriums hat Frankreichs Präsident nicht nur für eine Überraschung gesorgt.

Hollande setzt auch ein klares Zeichen für eine Fortsetzung seiner angekündigten moderat sozialliberalen Politik, bei der die Staatsfinanzen saniert und die Unternehmen entlastet werden sollen.

Als Vertreter des reformerischen Flügels der Sozialisten und Anhänger der freien Marktwirtschaft gilt Macron als "Anti-Montebourg" in Anspielung auf den bisherigen Wirtschaftsminister. Arnaud Montebourg, Globalisierungsgegner und Vertreter eines "patriotischen Protektionismus", hatte mit seiner Kritik an Hollandes Wirtschaftspolitik zu Wochenbeginn eine Regierungskrise, sowie Rücktritt und Umbildung der Regierung, provoziert. Künftig sollen ihr nur noch Minister angehören, die loyal hinter dem Präsidenten stehen.

Er werde "mit einer einzigen Stimme" mit Finanzminister Michel Sapin, einem engen Freund Hollandes, sprechen, erklärte Macron bei seiner gestrigen Amtsübernahme. Auch dürfte es mit den polemischen Angriffen auf Brüssel und Berlin und deren "Spar-Obsessionen" vorbei sein, zu denen Montebourg neigte.

Während die Parteilinke in der Ernennung des "Finanz-Technokraten" Macron eine Provokation sieht, nahmen sie Vertreter der Wirtschaft positiv auf. Auch die Öffentlichkeit blickt wohlwollend auf den Ausnahme-Lebenslauf des vielseitig begabten Jungpolitikers, der als umgänglich und humorvoll beschrieben wird, Klavier spielen und tanzen kann und aus einer Familie von Ärzten stammt.

Nach einem Philosophie-Studium und dem Abschluss der Elitehochschule ENA als einer der Besten seines Jahrgangs arbeitete er als Finanzdirektor im öffentlichen Dienst und anschließend bei der Geschäftsbank Rothschild - was ihn für die Linke suspekt macht. Doch 2012 akzeptierte er ein zehnmal geringeres Gehalt, um mit nur 34 Jahren stellvertretender Generalsekretär des Elysée-Palastes zu werden.

Als wirtschaftspolitischer Berater bestimmte Macron Hollandes Kurs maßgeblich mit. So gilt er als hauptverantwortlich für den zwischen den Sozialpartnern ausgehandelten "Verantwortungspakt", bei dem Unternehmen im Gegenzug für milliardenschwere Abgabenentlastungen neue Jobs schaffen sollen. Vergeblich stemmte er sich allerdings gegen Hollandes Vorhaben, Einkommen über einer Million Euro mit 75 Prozent zu besteuern - damit, so spottete er, werde Frankreich "wie Kuba, nur ohne Sonne". Zu seinen Herausforderungen wird es gehören, die Deindustrialisierung zu stoppen, Wachstum zu stimulieren und die Wirtschaft zu liberalisieren.

Auch in seinem Privatleben geht Macron ungewöhnliche Wege. 2007 heiratete er eine 20 Jahre ältere Lehrerin und dreifache Mutter. Heute rühmt er sich, mit 36 Jahren bereits Großvater zu sein - der Senkrechtstarter hat es in jeder Hinsicht eilig.

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