Kommentar zu den Grenzkontrollen im Schengen-Raum Selbstdemontage

Meinung | Bonn · Die EU will sich selbst abschaffen. Anders kann man das Possenspiel um Grenzkontrollen im Schengen-Raum nicht deuten.

 Ort mit Symbolcharakter: Der Schriftzug Schengen ist am Ufer der Mosel in Luxemburg zu lesen. Grundsätzlich gilt zwischen den 26 Schengen-Staaten in Europa die Reisefreiheit. Wegen des starken Flüchtlingsandrangs hatte Deutschland aber am 13. September 2015 wieder Grenzkontrollen eingeführt.

Ort mit Symbolcharakter: Der Schriftzug Schengen ist am Ufer der Mosel in Luxemburg zu lesen. Grundsätzlich gilt zwischen den 26 Schengen-Staaten in Europa die Reisefreiheit. Wegen des starken Flüchtlingsandrangs hatte Deutschland aber am 13. September 2015 wieder Grenzkontrollen eingeführt.

Foto: dpa

Noch Anfang April stellt Bundesinnenminister Thomas de Maizière eine Aufhebung dieser Maßnahme in den Raum, da ja ohnehin nur noch wenige Flüchtlinge über die Balkanroute einreisen. Jetzt ist Deutschland unter den Ländern, die bei der EU-Kommission offenbar erfolgreich für eine Verlängerung eingetreten sind.

Ja, wirklich Deutschland! Der vermeintliche Motor der europäischen Integration beteiligt sich an der Demontage einer der europäischen Grundfreiheiten. Natürlich setzt die Reisefreiheit voraus, dass bekannt ist, wer ins Schengen-Gebiet einreist. Das bedeutet eine gewissenhafte Registrierung von Flüchtlingen in Griechenland und Italien sowie Kontrollen an den Außengrenzen des Schengen-Raums. Aber das kann doch nicht ernsthaft auf längere Sicht eine Aussetzung der Schengen-Standards in Freilassing oder im dänischen Padborg legitimieren. Und die Bundesregierung macht sich lächerlich, wenn sie gleichzeitig vor dem Vorhaben Österreichs warnt, am Brenner die Schlagbäume zu senken.

Die Österreicher folgen am Brenner doch nur den bisherigen schlechten Beispielen. Vermeintlich befristete Kontrollen sind einfacher durchzusetzen als eine gemeinsame Flüchtlingspolitik. Und leider gibt es nicht einmal nennenswerte Proteste gegen diese neue Kleinstaaterei. Abschottung ist bequem, Freiheit unbequem. So wird eine großartige historische Leistung – die EU als Raum der Freizügigkeit – verspielt.

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