Zweite Chance Schulz ist möglicher Spitzenkandidat für Europawahl

BRÜSSEL · Martin Schulz, der Ex-Parteichef der SPD, ist als Spitzenkandidat für die Europawahl im Gespräch. Auf diese Weise könnte er eine zweite Chance erhalten.

 Der damalige scheidende Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz.

Der damalige scheidende Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz.

Foto: dpa

Die Idee, mit dem früheren Parteichef Martin Schulz als SPD-Spitzenkandidat in den Europawahlkampf zu ziehen, hat bei führenden Sozialdemokraten keine Begeisterungsstürme entfacht. Auch in Brüssel herrschte am Montag eher distanziertes Schweigen. Dabei sucht nicht nur die SPD nach einem kraftvollen europäischen Zugpferd für das kommende Jahr.

Kurz nachdem Martin Schulz im März 2018 seinen Rückzug als SPD-Vorsitzender und potenzieller Außenminister in einer neuen Großen Koalition angekündigt hatte, tauchten bereits die ersten Gerüchte auf. Der ehemalige EU-Parlamentspräsident werde sich „demnächst“ nach Brüssel orientieren und möglicherweise als deutscher Kommissar einen Führungsjob übernehmen, hieß es. Am Wochenende bekamen solche Spekulationen neue Nahrung.

Begeisterung sieht anders aus

Doch Begeisterungsstürme sehen anders aus. Udo Bullmann, Chef der sozialdemokratischen EU-Parlamentsfraktion, zeigte sich gegenüber unserer Zeitung nüchtern: „Über die Spitzenkandidaten-Frage entscheidet die SPD rechtzeitig vor der Europawahl in einem geordneten Prozess. Hierzu wird es eine Europadelegiertenkonferenz Ende 2018 geben. Die Gremien der Partei werden vorab einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten.“

Hinter solch offiziellen Statements herrscht offenbar ein zwiespältiges Stimmungsbild. Auf der einen Seite gibt es Befürworter dieser Idee. Zu dieser Seite zählen Beobachter unter anderem den Chef der deutschen Sozialdemokraten in der Abgeordnetenkammer, Jens Geier. Von Bullmann heißt es, er stehe solchen Überlegungen eher distanziert gegenüber. Nicht zuletzt deswegen, weil er eigene Ambitionen verfolge, als der deutschen Nummer Eins der SPD den Wahlkampf führen zu können.

Gut ein Jahr vor der nächsten Europawahl sind es aber nicht nur die Sozialdemokraten, die noch rätseln, wer sie führen soll. Auf EU-Ebene kristallisieren sich Vize-Kommissionspräsident Frans Timmermans aus den Niederlanden sowie die italienische Außenbeauftragte der Union, Federica Mogherini, als mögliche Spitzenkandidaten heraus. Bei den Liberalen scheint Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager aus Dänemark gute Chance zu haben.

Spekulation in Berlin

Dagegen gilt in den Reihen der Christdemokraten derzeit nur der Franzose Michel Barnier, derzeit Brexit-Chefunterhändler, als möglicher Top-Kandidat. Allerdings hat sich die Bundesregierung noch nicht entschieden, ob sie bei der Auswahl der demnächst zu besetzenden Spitzenjobs lieber den Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) oder den Chef der nächsten EU-Kommission für Deutschland holen würde. Bei der Nato steht der Posten des Generalsekretärs zur Neubesetzung an.

In Berlin wird spekuliert, die Kanzlerin wolle gerne ihren Wirtschaftsminister Peter Altmaier entsenden. Der dürfte aber EU-weit als Spitzenkandidat kaum geeignet sein und gilt nur als Geheimtipp, falls Berlin nicht den Präsidenten der Kommission, sondern nur einen deutschen EU-Kommissarsposten zu vergeben hat. Schulz taucht in diesen Spekulationen bisher nicht auf.

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