Rückkehr ausgeschlossen Schavan will nicht wieder in die Politik

Rom · Die bisherige Botschafterin beim Heiligen Stuhl, Annette Schavan, verlässt nach vier Jahren den Vatikan. Eine Rückkehr in die Politik schließt sie aus.

 Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU, r) und Annette Schavan (CDU).

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU, r) und Annette Schavan (CDU).

Foto: picture-alliance/ dpa

An diesem Samstag sitzt Annette Schavan im Zug nach Brixen. Sie trifft dort noch einmal Freunde, bevor sie nach Hause reist. Ulm wird die neue und alte Heimat der ehemaligen deutschen Botschafterin am Heiligen Stuhl.

Jetzt verabschiedete sich die 63-Jährige nach vier Jahren in Rom auf einem Empfang in der Vatikan-Botschaft. „Es waren vier Jahre mit mehr Zeit nach einem durchgetakteten Leben in der Politik“, sagt Schavan. Jetzt beginnt ein neuer Lebensabschnitt für die ehemalige Bundesbildungsministerin, die wegen Plagiatsvorwürfen in ihrer Doktorarbeit 2013 von ihrem Amt zurücktrat.

Schavan hat in Rom ein Buch mit dem Titel „Gott, der erneuert“ geschrieben und jüngst vorgestellt. Es ist eine Bestandsaufnahme über die erneuernde Kraft des Glaubens, über Christentum und Politik, und auch ein persönliches Programm.

Von Ulm aus will sich die Rheinländerin ihrer Gastprofessur in Shanghai intensiver widmen. Sie will ehrenamtlich tätig sein und einige Angebote den Sommer über abwägen. Auf die Frage, ob sie noch einmal einen Versuch in der Politik wagen möchte, sagt Schavan: „Diese Art von Dienst ist vorbei.“

Erneuerung ist der rote Faden, der Schavans Zeit in Rom kennzeichnet. Seit 2013 ist Papst Franziskus im Amt, der einige Grundideen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) wieder aufgegriffen hat. Der Papst versucht, manchmal mehr und manchmal weniger, neue Wege zu gehen und einen erstarrten Blick auf die Realität zu lockern.

Mittlerin zwischen Vatikan und Bundesregierung

Als Mittlerin zwischen Vatikan und Bundesregierung kam Schavan als politisch engste Freundin von Bundeskanzlerin Angela Merkel wie gerufen. Manche kritisierten ihre damalige Berufung nach der Plagiatsaffäre als inopportun. Dass sie eine Fehlbesetzung gewesen sei, behauptet kaum jemand mehr.

Die Vatikan-Botschaft blühte zu einem Ort der Begegnung auf. Schavan versuchte auch, vermeintliche Gegensätze zusammen zu bringen. So lud sie den Schriftsteller Navid Kermani zu einer Diskussion mit Erzbischof Georg Gänswein ein, der Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide diskutierte mit Kardinal Walter Kasper über Barmherzigkeit.

Fast monatlich begegnete die Botschaftern dem Papst, an dem sie dessen Nahbarkeit faszinierte. Auch die Kanzlerin war verhältnismäßig oft in Rom. Erneuerung statt Abschottung, so könnte man die gemeinsame Linie Franziskus-Merkel-Schavan zusammenfassen.

Berufliche Höhepunkte

Die Verleihung des Karlspreises an Franziskus 2016, der Besuch der EU-Staatschefs beim Papst anlässlich der 60-Jahr-Feier der Römischen Verträge sowie das Reformationsjahr waren berufliche Höhepunkte Schavans in Rom. Wenn es im Vatikan zwischen Reformern und Bremsern krachte, zog Schavan Vergleiche mit der Politik. „Es gibt eben keine Institution, wo nicht Widerstand entsteht, wenn ein Chef anspruchsvoll ist“, sagte sie einmal.

Im Herbst stand Schavans Kandidatur für den Vorsitz der Konrad-Adenauer-Stiftung im Raum. Als sich Merkel-Kritiker auf Schavan stürzten, zog die Ex-Ministerin zurück. Enge Freunde exponierter Figuren haben Vorteile, leben aber auch gefährlich, musste sie erfahren. Die Plagiatsaffäre von 2013 hat die politischen Ambitionen der 63-Jährigen platzen lassen, aber sie nicht aus der Bahn geworfen. Sie beschäftige sich mit dem Thema eigentlich nur noch, wenn Journalisten danach fragen. „So etwas macht einen kaputt, oder es gibt einem Stärke und Unabhängigkeit“, sagt sie

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