Steuerkonzept der Sozialdemokraten SPD will Soli nur für Gutverdiener

Berlin · SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hat am Montag das Steuerkonzept seiner Partei vorgestellt. Es sieht Entlastungen für kleine und mittlere Einkommen vor.

 SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz.

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz.

Foto: AFP

Die SPD zieht mit dem Versprechen in den Wahlkampf, kleine und mittlere Einkommen sowie Familien um insgesamt 15 Milliarden Euro zu entlasten. Zudem will sie 30 Milliarden Euro in Bildung, Verkehr und Digitales investieren. Diese Eckpunkte nannte SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz bei der Vorstellung des SPD-Steuerkonzepts am Montag.

Konkret: Die Sozialdemokraten planen, dass der Solidaritätszuschlag ab 2020 erst ab einem Jahreseinkommen von 52.000 Euro (Verheiratete: 104.000 Euro) fällig wird. Dies entspricht nach Berechnungen der SPD bereits einer Entlastung von zehn Milliarden Euro.

Der Spitzensteuersatz soll neu geregelt werden. Die bisher 42 Prozent sollen künftig bei Singles erst ab einem Jahreseinkommen von 60.000 Euro greifen. Bislang war er ab 54.000 Euro fällig. Ab 76.200 Euro wollen die Sozialdemokraten eine neue Linie einziehen und einen Spitzensteuersatz von 45 Prozent verlangen. Die sogenannte Reichensteuer steigt nach den SPD-Plänen auf 48 Prozent ab einem Jahreseinkommen von 250.000 Euro. Durch diese Neuregelung werden kleine und mittlere Einkommen nach SPD-Angaben um weitere 1,8 Milliarden Euro entlastet, während Besserverdienende mehr bezahlen müssten.

Entlastung bei Beiträgen für Gesundheit und Pflege

Viele Menschen würden von den Steuerentlastungen nicht profitieren, „weil sie keine Einkommensteuer zahlen“, sagte Schulz mit Blick auf die Geringverdiener. Daher sollen Einkommen bis 1300 Euro monatlich weniger Rentenbeiträge zahlen – „ohne dass ihre Rente geschmälert wird“, wie Schulz betonte. Auch bei den Beiträgen für Gesundheit und Pflege sollen sie entlastet werden, und zwar indem die jeweiligen Beiträge nur langsam mit dem Gehalt steigen. Geringere Beiträge würden unmittelbar für mehr verfügbares Geld sorgen, die Summe schwankt jedoch je nach Einkommen und Höhe der Beiträge stark.

Aus Sicht des Steuerexperten des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, Tobias Hentze, könnte diese Maßnahme durchaus positive Wirkung zeigen. Problematisch wäre hingegen ein Freibetrag bei Sozialabgaben gewesen, der mit der Gießkanne allen zugutekommt. Das sieht das Konzept nach anfänglichen Debatten so nicht vor.

„Für eine weitere Entlastung im unteren Bereich hätte man die Schwelle für versteuerbares Einkommen aber noch weiter verschieben können“, gab Hentze zu bedenken. Die SPD bleibe bei niedrigen Einkommen mit ihrem Steuertarif aber deckungsgleich zum bestehenden Modell, sagte der IW-Fachmann. Da wäre also noch mehr Entlastung möglich gewesen.

Grüne zweifeln am Steuerkonzept der SPD

Hinzu kommt, dass bisher beim Solidaritätszuschlag eine Freigrenze von 972 Euro für Ledige und 1944 Euro für Eheleute gilt. Die von der SPD geplante Befreiung vom Solidaritätszuschlag bis zu einem versteuernden Einkommen von 52.000 Euro läuft also an der unteren Grenze ins Leere. Finanziert werden soll die Entlastung der Geringverdiener über Steuerzuschüsse für die Rentenkasse. Nach Berechnungen der SPD wird dies rund 800.000 Euro kosten.

Die Sozialdemokraten wollen zudem bei der Krankenversicherung zu einer paritätischen Finanzierung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zurückkehren. Derzeit zahlen die Arbeitnehmer – je nach Höhe ihres individuellen Zusatzbeitrags – zwischen 0,3 und 1,4 Prozent mehr als die Arbeitgeber. Der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes, Steffen Kampeter, warnte vor einer Angleichung der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge: „Wer den Krankenkassenbeitrag anhebt, riskiert Arbeitsplätze und Wachstum“, sagte Kampeter unserer Zeitung.

Schulz verteidigte sein Konzept: „Wir haben solide gerechnet und versprechen nichts, was wir nicht halten können“, sagte er. Eben dies sehen die Grünen skeptisch. „Ich habe bei den Steuersätzen im SPD-Konzept Zweifel, ob alles so genau durchgerechnet ist, wie das vorgegeben wird“, sagte der Haushaltsexperte der Grünen, Tobias Lindner, unserer Redaktion. „Ich würde gerne mal eine Gesamtrechnung sehen, wie sich das Steuerkonzept für den oberen Bereich der Einkommen tatsächlich auswirkt.“

Vermögensteuer bleibt außen vor

Auf Zinsen werden aktuell 25 Prozent Abgeltungssteuer erhoben. Diese Einnahmen sollen nach dem Willen der SPD künftig wie Arbeitseinkommen behandelt werden. „Wir wollen Einkommen aus Arbeit und Kapital wieder gleich besteuern“, heißt es dazu in dem SPD-Papier.

Obwohl der linke SPD-Flügel viel Druck für eine Vermögensteuer gemacht hat, bleibt diese außen vor. Stattdessen wollen die Sozialdemokraten die Erbschaftsteuer erneut reformieren. Dafür sollen derzeit geltende Ausnahmen bei der Erbschaftsteuer abgeschafft werden. Streitpotenzial bleibt in der Partei. Die Jusos reagierten prompt und erklärten: „Die Vermögensteuer ist für uns nicht vom Tisch.“

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