Rainer Arnold im Interview SPD-Wehrexperte fordert für die Bundeswehr mehr Feldjäger

Der SPD-Wehrpolitiker Rainer Arnold spricht im Interview über die Vorschläge seiner Partei für Änderungen der Bundeswehrreform. Mit Arnold sprach in Berlin Norbert Wallet.

 Ein Bundeswehr-Transporthubschrauber vom Typ NH 90 bei einer Einsatzübung in Afghanistan.

Ein Bundeswehr-Transporthubschrauber vom Typ NH 90 bei einer Einsatzübung in Afghanistan.

Foto: dpa

Will die SPD die Bundeswehrreform wieder zurückdrehen?
Rainer Arnold: Nein, sicher nicht. Im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart, dass die Reform nachgesteuert werden muss. Warum? Weil die Zeit über die Reform teilweise hinweggegangen ist und es in der Nato neue Sichtweisen gibt. Dazu legen wir Vorschläge vor. Das wird die Bundeswehr nicht durcheinanderwirbeln.

Aber wer das Paket an einer Stelle aufmacht, stellt doch das Gesamtprojekt in Frage.
Arnold: Nein. Nur in zwei begrenzten Bereichen machen wir strukturverändernde Vorschläge. Erstens sind wir der Meinung, dass wir mehr Feldjäger brauchen. Das ist eine Fähigkeit, die gerade bei der internationalen Krisenbekämpfung extrem gesucht ist. Unsere Feldjäger sind aber schon jetzt sehr belastet, und wir haben keine Gendarmerie wie andere Länder. Wenn wir nun 200 Feldjäger mehr wollen, schmeißt das nicht die Struktur der Bundeswehr über den Haufen.

Und der zweite Punkt?
Arnold: Wir halten es für falsch, die bestellten NH-90-Transporthubschrauber nicht in der vereinbarten Zahl abzunehmen, wie es das Ministerium vorhat. Es ist nicht sinnvoll, Regresse zu zahlen, um dann weniger Hubschrauber als vorgesehen zu haben. Hubschrauber sind international in den Armeen Mangelware. In Nato und EU wird es eine weitere Dynamik in Richtung verzahnter militärischer Fähigkeiten geben. Alle Länder reduzieren aus Kostengründen den Personalumfang der Truppen. Dann wird aber Transportfähigkeit in der Luft umso wichtiger. Wir schlagen vor, die rund 35 Hubschrauber, um die es geht, abzunehmen und in Betrieb zu halten. Dabei sollten wir uns auch aus Kostengründen Anlehnungspartner suchen - möglichst in Osteuropa -, die mit uns zusammen die Helikopter betreiben.

Aber Sie machen auch die Debatte um Standorte wieder auf.
Arnold: Das betrifft eine kleine Zahl. Dort, wo es neue Fakten gibt, sollte neu geprüft werden. Beispiel Baden-Württemberg: Als seinerzeit Minister de Maizière beschlossen hatte, den Standort Donaueschingen zu erhalten, geschah dies vor dem Hintergrund des besonderen Stellenwertes der deutsch-französischen Brigade. Nun ziehen die Franzosen ab. Da ist die Frage doch legitim, ob man den deutschen Anteil in Donaueschingen belässt, dort für viel Geld eine Schießanlage baut und schlechte Übungsmöglichkeiten hat. Gleichzeitig aber schließt man Standorte mit allen Voraussetzungen, die nah am Truppenübungsplatz liegen - wie Sigmaringen und Meßstetten. Ist das klug?

Gibt es andere Beispiele?
Arnold: Etwa der Standort Altenstadt. Da verlagert man die Fallschirmausbildung nach Oldenburg, um dann festzustellen: Das geht dort gar nicht so. Die Soldaten müssen ihre Übungen in Südfrankreich machen. Da fragen wir, ob Altenstadt nicht doch der glücklichere Standort ist.

Aber veränderte Rahmenzahlen, wie etwa die Truppenstärke, stellen Sie nicht zur Disposition?
Arnold: Nein, wir wollen überhaupt nichts an den Relationen zwischen den Teilstreitkräften ändern. Es geht nur um einzelne Verbesserungen des eingeleiteten Prozesses. Wir verändern auch keine einzige bereits in Praxis vollzogene Standortentscheidung. Wir wollen nicht, dass Soldaten, die schon am neuen Platz sind, noch einmal rochieren.

Tragen die Debatten nicht doch zu neuer Unruhe in der Truppe bei? Nun werden auch andere Seiten Wünsche vortragen...
Arnold: Das ist ein Argument des Koalitionspartners, der mitunter meint, er müsse noch die alte Bundesregierung in Schutz nehmen. Wir müssen aber gemeinsam die neue Bundesregierung zum Erfolg führen. An der Spitze des Ressorts steht nun eine Ministerin, die zumindest mit unbefangenem Blick auf die Dinge schaut und schon vieles an Veränderungen angestoßen hat, die mit dem Vorgänger nicht machbar gewesen wären.

Verändern die Spannungen um die Ukraine die Sicht auf die Aufgaben der Bundeswehr?
Arnold: Dort, wo sich die Krise akut vollzieht, gibt es keine Option auf eine militärische Reaktion. Überhaupt keine. Aber in der Nato gerät die Kernaufgabe der Bündnisverteidigung wieder stärker in den Fokus - und die absolute Verlässlichkeit bei der kollektiven Sicherheit.

Zur Person

Der in Stuttgart geborene Rainer Arnold ist seit 2002 verteidigungspolitischer Experte der SPD-Fraktion im Bundestag. Seit 1998 sitzt der gelernte Fernmeldemonteur im Bundestag.

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