Griechenland Rettungspaket mit Risiken

BRÜSSEL · Drei Anläufe in weniger als drei Wochen - und trotzdem noch kein endgültiges Okay. Die Griechen müssen bis zum 13. Dezember bangen, ob sie die nächste Notkredit-Rate von fast 44 Milliarden Euro aus dem europäischen Hilfspaket erhalten.

 Rauschen im Blätterwald: Ein Athener liest die Schlagzeilen zur Hilfe aus Brüssel.

Rauschen im Blätterwald: Ein Athener liest die Schlagzeilen zur Hilfe aus Brüssel.

Foto: dpa

Fest steht nach dem jüngsten Treffen der Euro-Finanzminister in Brüssel nur Folgendes: Für Steuerzahler in Deutschland und Europa steigen die Risiken, die mit Griechenlands Rettung verbunden sind. Zudem kann heute niemand guten Gewissens einen Schuldenerlass - der zu Lasten der Steuerzahler gehen würde - oder ein drittes Hilfspaket für Griechenland ausschließen.

Warum müssen die Griechen weiter bangen?
Das liegt an den Europäern. Die griechische Regierung hat seit einiger Zeit alle nötigen Spar- und Reform-Schritte gemacht. Griechenlands Wirtschaftslage verschlechterte sich jedoch unerwartet stark. Der Staat schafft es daher nicht, seinen Schuldenstand wie geplant bis 2020 auf eine Summe zu senken, die 120 Prozent der Jahres-Wirtschaftsleistung entspricht.

Die Eurogruppe und der IWF suchten daher neue - und für die Steuerzahler möglichst risikoarme - Wege, wie Griechenlands Schulden so stark schrumpfen, dass der klamme Staat sie aus eigener Kraft abbauen kann. Die sogenannte Schuldentragfähigkeit ist für den IWF eine Bedingung, dass er weiter einen Teil der Notkredite stemmt. IWF-Chefin Christine Lagarde hat wiederholt betont, dass die Europäer für Griechenland eine "glaubwürdige" Lösung finden müssten.

Wie sieht diese Lösung aus?
Die Europäer und der IWF ändern ihr Hilfsprogramm. Sie geben Griechenland 30 statt 15 Jahre Zeit, Notkredite zurückzuzahlen. Zudem senken sie die Kreditzinsen. Die Zinsgewinne, die die Europäische Zentralbank (EZB) aus den griechischen Schuldscheinen in ihrem Besitz erhält, wollen die europäischen Notkredit-Geber zudem an Griechenland überweisen. In Deutschland erhält die politisch unabhängige Bundesbank diese Gewinne. Sie kann frei entscheiden, ob sie die Zinsgewinne an Athen durchleitet. Will sie das nicht, muss Schäuble dafür die entsprechenden Millionen aus dem Bundeshaushalt entnehmen.

Reicht das alles?
Nein. Daher will Griechenland bis Mitte Dezember eigene Schuldverschreibungen an den Finanzmärkten zurückkaufen. Das könnte den Schuldenstand stark senken, hoffen die Europäer. Die Staatsanleihen kosten derzeit einen Bruchteil ihres Ausgabewerts. Der Schuldenrückkauf läuft auf einen weiteren Forderungsverzicht privater Gläubiger hinaus.

Sie hatten Griechenland bereits 2011 einen Teil der Schulden gestrichen. Fraglich ist aber, ob Griechenland genug Anleihen erwerben und so seinen Schuldenstand verringern kann. "Das wird schon funktionieren", sagt der Chef des Euro-Rettungsfonds, Klaus Regling, lediglich. Muss es auch: Der IWF stemmt seinen Teil der anstehenden Notkredit-Rate nur, wenn der Schuldenrückkauf klappt.

Müssen Deutschland und andere Euro-Staaten Griechenland Schulden erlassen?
Das ist nicht geplant, aber in den nächsten Jahre denkbar: Die Eurogruppe lässt sich ein Hintertürchen für einen "öffentlichen Schuldenschnitt" offen. Der Hintergrund: Griechenlands Schuldenstand soll bis 2020 lediglich auf 124 statt wie bisher angepeilt 120 Prozent der Wirtschaftsleistung sinken. Bis 2022 soll der Schuldenstand "deutlich" unter 110 Prozent liegen.

Wie geht das?
Griechenlands Finanzminister Yannis Stournaras hofft: "Mit Wirtschaftswachstum." Ähnlich äußert sich auch Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker. Schäuble sagt derweil, dass die Zugeständnisse der Europäer nicht ausreichen, um die Schuldenstand-Ziele zu erreichen. Daher zeigt die Erklärung der Eurogruppe einen Ausweg: Wenn Griechenland bestimmte Bedingungen bei der Sanierung seines Staatshaushalts erfülle und alle Spar- und Reform-Pläne einhalte, entscheiden die Euro-Staaten über "weitere Maßnahmen und Hilfen". Möglich sei, Griechenland einfacher Zugang zu EU-Fördergeldern zu gewähren oder Kreditzinsen erneut zu senken.

Ein Schuldenerlass wird weder ausdrücklich erwähnt noch ausgeschlossen. Der IWF wäre dafür, dass die Europäer Griechenland einen Teil der Schulden streichen. Deutschland aber will das nicht. Alle Euro-Staaten, sagt Schäuble, hätten dies vor zwei Wochen abgelehnt. Griechenlands Minister Stournaras sagt nach dem jüngsten Ministertreffen, ein Schuldenerlass sei kein Thema gewesen. Will er einen Schuldenschnitt? Stournaras sagt wolkig: "Ich könnte mir die Sterne im Himmel wünschen - aber ich bekäme sie nicht."

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