Kommentar zu Donald Trumps Amtsantritt Rede mit Rätseln

Meinung | Washington · Donald Trumps Antrittsrede war inhaltlich und intellektuell eine Enttäuschung. Sie war nicht die dringend ersehnte Geste glaubwürdiger Demut nach einem niederträchtigen Wahlkampf. Sie war, im Gegenteil, eine aus bekannten Phrasen aus dem Wahlkampf kompilierte Endlosschleife, die einen ratlos zurücklässt.

Der neue US-Präsident Donald Trump nach seiner Rede.

Der neue US-Präsident Donald Trump nach seiner Rede.

Foto: dpa

Alle Amerikaner ungeachtet, ihrer Rasse, Religion und politischen Heimat, zu Einheit, Erneuerung und Aussöhnung aufzurufen, gehört zu den Ritualen, wenn in Washington ein Präsident sein Amt antritt. Auf dem Fuße folgt die Gewissheit, dass die Appelle schon bald im Schlachtenlärm des Zweiparteien-Systems verhallen. Die Wir-gegen-die-Rivalität setzt sich meist durch. Unter Donald Trump, rätselhaftester und unbeliebtester US-Präsident seit Ewigkeiten, wird sich das nicht ändern. Eher wird es noch schlimmer.

Seine Antrittsrede war inhaltlich und intellektuell eine Enttäuschung. Sie war nicht die dringend ersehnte Geste glaubwürdiger Demut nach einem niederträchtigen Wahlkampf. Sie war, im Gegenteil, eine aus bekannten Phrasen aus dem Wahlkampf kompilierte Endlosschleife, die einen ratlos zurücklässt. Trump klagt über „Verbrechen, Gangs und Drogen“, über „rostige Fabriken, die wie Grabsteine im Land stehen“, und über Politiker, die sich bereichern, während der einfache Amerikaner leidet. Das kannte man. Wie er es ändern will, bleibt weiter diffus.

Optimismus erzeugt das alles nicht. Der von Trump genährte Eindruck, er allein könne das Land retten und zu alter Herrlichkeit führen, was immer das auch sein mag, wird sich als Irrglaube erweisen. Er kann protektionistischen Sand ins Getriebe der Globalisierung streuen. Zurückdrehen kann er sie nicht. Sein irritierender Aufruf „Kauft amerikanisch und stellt Amerikaner ein“, sein Versprechen, die USA abzuschotten vor der bösen Welt da draußen, wirkt wie ein Anachronismus.

Nach dieser Rede muss man mehr denn je davon ausgehen, dass der frisch Vereidigte den groben Vereinfacher in sich nicht an die Kette legen und die Statur eines Staatsmannes gewinnen will, der die Komplexität der Welt im Jahr 2017 anerkennt und die Vorteile von Allianzen nicht nur an Kostenfaktoren misst. Mit jovialen Interviewsprüchen ist es da nicht getan. Trump muss nach Zweideutigkeiten endlich Verlässlichkeit demonstrieren. Und Achtung vor den Institutionen daheim und global. Europa – Deutschland vorneweg – ist aufgefordert, den neuen Mann im Weißen Haus davon mit Selbstbewusstsein aktiv zu überzeugen.

Über Trump aus der Ferne zu lamentieren und in Talkshows das Ende alter Gewissheiten zu beklagen, ist kindisch. Selbst wenn man jetzt ahnen muss, dass die leise Hoffnung, dass aus dem Zerstörer Trump im Regierungsalltag doch so etwas wie ein Reformer mit Augenmaß werden könnte, trügt. Aber: Jede Rede ist nur so groß wie die Taten, die ihr folgen. Ob Trumps Taten seine Versprechen beglaubigen oder entwerten werden, steht dahin. Die Uhr läuft. Gestern übernahm nicht nur ein Mann ein Amt, sondern auch ein Amt einen Mann. Der Einzug ins Weiße Haus katapultiert Trump in eine Wirklichkeit, die er nur von außen kannte. Hoffentlich findet er sich in ihr zurecht. Demonstrationen gegen Donald Trumps Vereidigung

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