CDU/CSU Rechts von der Union

Berlin · In der Union ist ein Richtungsstreit entbrannt. Doch CDU-Chefin Angela Merkel will keine Grundsätze aufgeben.

 Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) im November 2015 in München. Das Verhältnis zwischen den Schwesterparteien ist schwieriger geworden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) im November 2015 in München. Das Verhältnis zwischen den Schwesterparteien ist schwieriger geworden.

Foto: dpa

Der Münchner Flughafen, benannt nach dem früheren Ministerpräsidenten, ist nur einen kleines Indiz dafür, wie sehr Franz Josef Strauß bis heute das bayerische Selbstverständnis prägt. Der 1988 Verstorbene, der bis zu seinem Tod 27 Jahre lang ununterbrochen Parteivorsitzender der Christlich-Sozialen Union war, hat eine Vielzahl politischer Losungen hinterlassen. Zum Beispiel jene, die den Münchner Machtanspruch in der Bundespolitik zementiert: „Es ist mir egal, wer unter mir Bundeskanzler wird.“

Zum Strauß’schen Erbe zählt auch, dass die CSU dem Volk aktiv aufs Maul zu schauen verspricht und demnach besser als andere zu wissen vorgibt, was denn „das Volk“ will. So gab „FJS“ wie heute auch sein Nachfolger Horst Seehofer immer wieder auch Lagebeschreibungen dieser Art von sich: „Die Stimmung im Land lässt sich mit den ‚fünf U’ beschreiben: Ungewissheit, Unsicherheit, Unbehagen, Unruhe und politische Unzufriedenheit.“ Als in der achtziger Jahren „Die Republikaner“ erstarkten, war für Strauß klar, dass man auch für deren Wähler ein Angebot machen müsse – notfalls auch mit derben, tendenziell populistischen Parolen. Daraus wurde die Strauß-Doktrin: „Rechts von der CSU darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben!“

Die steht nun im Zentrum der nächsten Runde im unionsinternen Richtungsstreit. Wie sollen CDU und CSU darauf reagieren, dass sich in Gestalt der Alternative für Deutschland (AfD) zumindest vorübergehend eine politische Kraft rechts von der Union etabliert zu haben scheint? Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel hat nun dazu gesagt, das Strauß’sche Mantra gelte für sie nicht absolut, wenn es nämlich dahingehend verstanden würde, dass „Prinzipien relativiert oder gar aufgegeben werden müssten, damit Menschen sich nicht von der Union abwenden“. Seehofer bezeichnete die Aussage seinerseits als „völlig unnötig“: „Wenn nun der Satz von Strauß in Frage gestellt wird, dann ist das auch eine Aufgabe eines gemeinsamen Prinzips von CDU und CSU.“ Dieser Stützpfeiler der Union, legte Seehofer noch nach, sei nun „einsturzgefährdet“.

In der CDU ist die Reaktion kühl. So sei die vermeintliche Strauß’sche Grundregel „auch in der Vergangenheit nie von der gesamten Union so formuliert worden“, hieß es gestern in Parteikreisen. Entsprechend habe man es „mit Überraschung aufgenommen, dass Seehofer diesem Satz eine derartige Bedeutung als Stützpfeiler der gemeinsamen Arbeit beimisst“. Dass die Grundüberzeugungen der Kanzlerin aber möglicherweise andere sind als die der Unionsleute, die sich im sogenannten „Berliner Kreis“ zusammengeschlossen haben, liegt jedoch auf der Hand.

In einer kürzlich veröffentlichten Erklärung sehen unter anderem der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bosbach und sein baden-württembergischer Kollege Christian von Stetten einen „Linksdrift“ Hand in Hand gehen mit einem „Abwärtstrend“: „Die Ursachen sind nicht nur zu suchen in der Flüchtlingspolitik, sondern auch in der Tatsache, dass die CDU mit ihrem gesellschaftspolitischen Kurs Platz geschaffen hat für eine Partei rechts von ihr.“ Wirklich konkret setzen sich die Unterzeichner jedoch nicht unbedingt von der Gesamtparteilinie ab. Auch dafür hat Franz Josef Strauß freilich ein Zitat parat gehabt: „Man muss heftige Worte, aber maßvolle Taten gebrauchen.“

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