Kommentar zum Berlin-Besuch des russischen Präsidenten Putins Rückkehr

Meinung | Moskau · Wladimir Putins Besuch in Berlin ist ein gutes Zeichen. Ob er einen Neustart bedeutet, ist allerdings fraglich.

 Treffen in Berlin: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüßt den russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin zum Ukraine-Gipfel vor dem Bundeskanzleramt.

Treffen in Berlin: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüßt den russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin zum Ukraine-Gipfel vor dem Bundeskanzleramt.

Foto: dpa

Es war keine diplomatische Sensation, aber doch ein unerwarteter Besuch. Eigentlich hätte Wladimir Putin an diesem Mittwoch in Paris sein sollen, aber die Visite hatte er abgesagt, nachdem sich sein französischer Kollege François Hollande über die russischen Bombenangriffe auf Aleppo erbost hatte. Eigentlich war auch das „Normandie“-Quartett für Paris angedacht, es wurde sehr kurzfristig in Angela Merkels Kanzleramt umgeleitet. Es war Putins erster Besuch in Deutschland seit Beginn der Krimkrise.

Kein Staatsbesuch, eher ein kurzes Arbeitstreffen, aber man kann sich auf jeden Fall darüber freuen. Nicht, weil die Ehre, Putin empfangen zu dürfen, inzwischen schon einen Erfolg der deutschen Diplomatie darstellt. Sondern weil der Russe, der angesichts der Eskalation vor allem im Verhältnis zu den USA selbst immer angefressener wirkt, Dialogbereitschaft zeigt. Putin will reden, diskutieren, weiter Politik machen. Schön, dass er wieder mit Poroschenko spricht, obwohl beide kein Geheimnis aus ihrer Abneigung machen. Schön, dass er die EU-Führer Hollande und Merkel weiter als Vermittler im Donbass akzeptiert. Auch wenn der Konflikt dort hoffnungslos festgefahren scheint, Putin und Poroschenko schon vor dem Treffen lautstark unvereinbare Positionen festklopften.

Schön ist auch, dass Merkel und Hollande sich mit Putin offenbar auch über Syrien austauschten. Und er mit ihnen. Und schön ist vor allem, dass Russlands Militärs ihr Aleppo-Bombardement ausgesetzt haben, zumindest für ein paar Tage.

Eine andere Frage ist, ob Putin ein gern gesehener Gast war. Sein Handstreich auf der Krim, der hybride Einmarsch im Donbass, Sanktionen, Gegensanktionen, Syrien und „Frau Merkel“ als Witz- und Schmähfigur der russischen Propaganda, das Verhältnis zwischen Deutschland und Russland ist zerrüttet. Noch fraglicher ist, ob Putins Besuch einen Neustart bedeutet. Zumal seine großrussische Anhängerschaft eifrig in der deutschen Innenpolitik mitmischt. Mit russischen Fahnen und Plakaten auf Pegida-Demos: „Putin nach Berlin, Merkel nach Sibirien!“ Oder mit der genussvollen Auflistung prorussischer Zitate von Koalitionspolitikern vor allem aus der SPD, die der russische Auslandssender Russia Today am Mittwoch auf seiner deutschen Website präsentierte: Seht her, all diese Putin-Fans können die deutschen Trumps bei den kommenden Bundestagswahlen werden.

Dabei herrscht in Russland ungebrochenes Wohlwollen gegenüber Deutschland. Immer wieder begegnet man Menschen, die sich eine enge Freundschaft zwischen beiden Völkern und Staaten wünschen. Putins letzter Besuch in Deutschland im April 2013 galt der Hannover-Messe. Schon damals gab es Unstimmigkeiten. Jetzt haben sich die Unstimmigkeiten zu einem neuen Ostwest-Konflikt ausgewachsen. Und Putins Lächeln in Berlin wirkte eher dünn.

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