Vor den Wahlen in Italien Politiker spielen Szenarien für künftige Regierung durch

Rom · Massimo D'Alema ist ein alter Fuchs der italienischen Politik. Monatelang wurde der ehemalige Ministerpräsident als altes, nicht mehr verwendbares Eisen gehandelt. Inzwischen ist D'Alema wieder ein Kandidat für das Amt des Außenministers.

Als sicher gilt, dass der 63 Jahre alte Politiker die Mechanismen der Macht kennt wie wenige in Rom. "Wir wollen nicht alleine regieren", sagte er vor Tagen im Namen seiner Demokratischen Partei (PD), die in den Umfragen vor der Parlamentswahl im Februar führt. Von allen dem Wahlkampf geschuldeten Kalkulationen bereinigt könnte der Satz genauso gut lauten: "Wir können nicht alleine regieren."

Längst spielen Italiens Politiker die Szenarien für die Bildung der künftigen Regierung durch. Wahrscheinlich ist derzeit vor allem eine Variante: Die Sozialdemokraten des Partito Democratico unter Parteisekretär Pier Luigi Bersani werden stärkste Partei, ihr Bündnis liegt laut Umfragen aktuell bei etwa 37 Prozent.

Weil der PD aber in der zweiten Kammer des Parlaments, dem Senat, aufgrund des komplizierten Wahlrechts die Mehrheit versagt bleibt, benötigt Bersani einen Koalitionspartner. Vermutlich wird dies die Liste "Bürgerwahl" von Ministerpräsident Mario Monti sein. In Umfragen liegt sein Bündnis bei 15 Prozent.

Für diese Konstellation sprechen verschiedene Signale in diesen Tagen. Einen von der italienischen Presse kolportierten Nichtangriffspakt im Wahlkampf dementierten die Beteiligten. Doch die Übereinstimmung der beiden Führungsfiguren in vielen Bereichen ist auffällig. Zunächst ist da die Einigkeit zwischen Bersani und Monti, eine Rückkehr Silvio Berlusconis an die Macht zu verhindern. Während Monti seinen Vorgänger direkt angreift ("Die Wahrnehmung im Ausland ist, dass Italien in den vergangenen Jahren führungslos war"), agiert Bersani vorsichtiger.

In der Vergangenheit hatte die Linke bei Wahlen mehrmals Misserfolg, wenn sie ihren Wahlkampf ganz auf das Feindbild Berlusconi ausrichtete. Bersani sagte, er wolle den Reformkurs Montis mit einer breiten Mehrheit weiterführen. Seine PD war der zuverlässigste Unterstützer der Regierung Monti, für den Wirtschaftsprofessor ist der Spitzenkandidat der Linken ein "glaubwürdiger Kandidat".

Für den Fall, dass die PD stärkste Kraft wird, dürfte Bersani das Amt des Ministerpräsidenten für sich beanspruchen. Weil Monti aber kein Ministeramt anstrebt, müsste die zukünftige Regierung ohne ihn auskommen. Als Senator auf Lebenszeit wäre er dann die Integrationsfigur im Hintergrund.

Sollten sich die in jedem Fall wahrscheinlichen Koalitionsgespräche zwischen PD und "Bürgerwahl" schwierig gestalten, könnte Monti noch einmal ins Rampenlicht rücken. Denkbar wäre etwa, dass sich der linke Flügel des PD einer Koalition verweigert und Monti angesichts neuer Mehrheiten abermals den Auftrag bekommt, ein Bündnis der sogenannten Moderaten zu bilden.

Doch die immer mehr als Sicherheit gehandelten Spekulationen bergen auch ein Risiko. Wenn sich im Wahlkampf der Eindruck einer festen Allianz von Mitte-Links verbreite, wäre das "das Ende", behauptet Pier Ferdinando Casini, ein Christdemokrat und Monti-Unterstützer. "So machen wir Berlusconi das größte Geschenk." Tatsächlich frohlocken die Gefolgsleute des Ex-Premiers bereits. Monti, so behaupten sie, sei für die Linke nur das Trittbrett auf dem Weg zur Macht.

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