Petersburger Dialog Petersberg war Schauplatz dieser historischen Momente

Königswinter · Der Petersberg ist legendär – als Tagungsort und als Hotel. Hier verhandelte Konrad Adenauer, hier nächtigte Bill Clinton, hier heiratete Michael Schumacher. Jetzt tagt hier das deutsch-russische Diskussionsforum "Petersburger Dialog".

Wenn Michael Kain so etwas wie eine Lieblingsgeschichte über den Petersberg hat, dann ist es die von Leonid Breschnew. 1973 logierte der sowjetische Staats- und Parteichef für ein paar Tage in dem extra für ihn hergerichteten Luxushotel, das zu dieser Zeit eigentlich geschlossen war. Aber nicht deshalb wurde der Besuch legendär, sondern weil Breschnew mit seinem Gastgeschenk, einem Sportwagen, auf der kurvigen Auffahrt einen Unfall produzierte.

Es gebe mehrere Varianten darüber, was genau passiert sei, erzählt Kain, der seit vier Jahren Direktor des Steigenberger Grandhotel Petersberg ist und immer wieder auf Breschnews Crash angesprochen wird. „Aber diese Geschichte ist um die Welt gegangen, jeder kennt sie“, sagt er. Kain selbst denkt nicht, dass Breschnew das Auto in den Graben gesteuert hat, wie oft zu lesen ist. „Ich glaube eher, er hat einen der großen Hinkelsteine auf dem Weg mitgenommen.“ Was auch immer passierte, das Ergebnis jedenfalls war eindeutig: Der Unterbau des Wagens war kaputt, der Auspuff weggebrochen. Und die Erhebung im Siebengebirge in aller Munde.

Das Grandhotel Petersberg ist weit mehr als seine 112 Luxuszimmer, davon neun Suiten und 15 Veranstaltungsräume. Der „Petersberg“ steht für die Bonner Republik. Hier verhandelte Kanzler Konrad Adenauer, hier übernachteten US-Präsident Bill Clinton und die britische Königin Elizabeth II.. Und hier heiratete Formel-1-Weltmeister Michael Schumacher.

Straße schlängelt sich in Serpentinen durch den Wald

Schon der Weg auf die 336 Meter hohe Erhebung ist besonders. In Serpentinen schlängelt sich die Straße durch den Wald. Die Schranken am unteren und oberen Ende des Weges sind normalerweise hochgeklappt, zeigen jedoch, wie schnell die Zufahrt bei Bedarf abgeriegelt werden kann. Kurz vor dem Plateau hoch über dem Stadtkern von Königswinter kündet das ehemalige Wachgebäude an der Zufahrtsstraße von der historischen Bedeutung des Ortes – dort richtet die NRW-Stiftung gerade ein Besucher- und Informationszentrum ein. Man kann sich gut vorstellen, wie einst die Staatsgäste im Tross nach oben kutschiert wurden. Oder per Hubschrauber eingeflogen wurden. Der dafür vorgesehene Landeplatz wird heute auch als Parkplatz genutzt.

Die Geschichte des Petersbergs als Hotelstandort mit Blick auf das Rheintal begann 1892. Ferdinand Mülhens, der Inhaber von „4711“, kaufte das Haus 20 Jahre später, erweiterte es und baute es zu einem Kurhotel um. Im Ersten und Zweiten Weltkrieg diente es als Lazarett.

Politik wurde in dem neobarocken Gebäude ab 1949 gemacht: Denn dort hatten die Alliierten Hohen Kommissare ihren Sitz. Am 22. November desselben Jahres unterzeichnete Kanzler Adenauer dort das „Petersberger Abkommen“, das die Bundesrepublik unter anderem dazu berechtigte, konsularische Beziehungen zu westlichen Staaten aufzunehmen und internationalen Organisationen beizutreten wie etwa dem Europarat. So wurden dort also die Weichen für ein souveränes Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg gestellt. „Der Petersberg ist das wichtigste Denkmal unserer Republik: Geburtsstätte der Bundesrepublik Deutschland“, beschrieb es der ehemalige Regierungssprecher Friedhelm Ost einmal.

Hoteldirektor Kain wird oft auf Adenauer angesprochen

Auch auf Adenauer wird Hoteldirektor Kain heute noch häufig angesprochen. „Die Geschichte ist berühmt“, erzählt er. „Bei einem Fototermin mit den Alliierten Hohen Kommissaren stieg Adenauer entgegen des Protokolls auch auf den roten Teppich. So wollte er zeigen, dass er auf Augenhöhe verhandele.“ Besucher können sich diesen historischen Ort anschauen: Das Hotel hat den ehemaligen „Salon Thüringen“ zu Ehren des Kanzlers in „Salon Konrad Adenauer“ umbenannt und mit zahlreichen Bildern ausgestattet.

Nach der Unterzeichnung des „Deutschlandvertrags“ drei Jahre später verließen die Hohen Kommissare 1952 den Petersberg. Im April 1954 öffnete das renovierte Hotel wieder – und die Bundesregierung mietete es bei Staatsbesuchen an. Erster Staatsgast war im November Kaiser Haile Selassie von Äthiopien. Der Schah von Persien nächtigte dort ebenso wie die Queen. 1969 wurde das Haus geschlossen – mit der erwähnten Ausnahme für Breschnew.

Fünf Jahre später erwarb die Bundesrepublik den Petersberg dann, um dort ein Gästehaus für Staatsgäste zu schaffen. 1990 wurde die offizielle Eröffnung gefeiert. In der Folge wohnte dort Michail Gorbatschow ebenso wie Bill Clinton, Nelson Mandela oder Kaiser Akihito von Japan.

Afghanistan-Konferenzen auf dem Petersberg

Seit dem Umzug großer Teile der Bundesregierung nach Berlin 1999 nutzt der Bund Schloss Meseberg, etwa 70 Kilometer nördlich der Hauptstadt, als Gästehaus. Der Petersberg ist aber weiter in Bundesbesitz, ein zunächst geplanter Verkauf von Berg und Haus vor acht Jahren kam nicht zustande. Das Hotel ist seitdem vor allem als Tagungsort und für Veranstaltungen gefragt. Zudem gibt es auch Restaurant, Café und Biergarten, die für jeden geöffnet sind.

2001 und 2002 fanden in dem ockergelben Gebäude zwei Afghanistan-Konferenzen zur Zukunft des Landes statt. Namensgeber wurde der Petersberg auch für den „Petersberger Klimadialog“, der seit 2010 jährlich stattfindet. Auch Ministerkonferenzen tagen dort immer wieder.

An diesem Donnerstag und Freitag wird die für 35 Millionen Euro frisch renovierte Luxusherberge erneut zum Gastgeber einer großen Konferenz: dem „Petersburger Dialog“, der sich als deutsch-russische Diskussionsplattform für gesellschaftliche Zeitfragen und die bilateralen Beziehungen sowie als Ideengeber für Projekte versteht. Teilnehmer sind Experten und Multiplikatoren, die in zehn Arbeitsgruppen diskutieren – von der Politik bis zur Ökologie. Eröffnet wird er von den Außenministern Heiko Maas und Sergej Lawrow. Auch NRW-Ministerpräsident Armin Laschet hat sich angekündigt. Politische Gespräche also, wie so oft auf dem Petersberg.

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