EU-Energiekommissar Oettinger dringt auf mehr Atomsicherheit

BRÜSSEL · Zwei Jahre nach der Atomkatastrophe von Fukushima werden europäische Meiler immer noch nachgerüstet. "Mehrere Mitgliedstaaten haben begonnen, den Schutz der Kraftwerke vor Erdbeben und Überflutung zu erhöhen", sagt EU-Energiekommissar Günther Oettinger.

 EU-Energiekommissar Günther Oettinger macht Vorschläge zur Kernkraftsicherheit.

EU-Energiekommissar Günther Oettinger macht Vorschläge zur Kernkraftsicherheit.

Foto: dpa

Kurz nachdem der japanische Reaktor in Folge des Tsunami explodiert war, hatte der frühere baden-württembergische Ministerpräsident und CDU-Politiker im Herbst 2012 eine Belastungsprobe für alle 145 Meiler in 15 Mitgliedstaaten durchgesetzt - mit teilweise dramatischen Ergebnissen.

Auch für die 17 deutschen Kraftwerke, von denen noch neun am Netz sind: Brokdorf, Emsland, Grafenrheinfeld, Grohnde, Grundremmingen B und C, Isar 2, Neckarwestheim 2 und Philippsburg 2. Der Stresstest war schon deshalb eine kleine Sensation, weil es noch nie zuvor gelungen war, die EU-Reaktoren anhand eines gemeinsamen Kriterienkatalogs von unabhängigen Experten überprüfen zu lassen.

Die Fehlerliste offenbarte gravierende Mängel: Es gab Probleme mit Notstrom-Aggregaten, mit dem Erdbeben- und dem Überflutungsschutz.

Auch bei der passiven Sicherheit beispielsweise im Fall eines Flugzeugabsturzes zeigten sich Defizite. Die Nachrüstung entpuppte sich nach Angaben der EU-Kommission als kostspielig: Bis zu 200 Millionen Euro pro Reaktor-Einheit sind nötig. Europaweit müssen bis zu 25 Milliarden Euro investiert werden. Und noch längst nicht alles ist wirklich geschafft.

Erst vor wenigen Tagen rügte die Umweltschutzorganisation BUND, dass von den vor einem halben Jahr entdeckten Problemen an deutschen Meilern viele noch nicht beseitigt wurden: Der Schutz vor Beben oder Hochwasser sei nach wie vor nicht gegeben.

Hinzu kämen Risiken durch Brände, altersbedingte Ausfälle von Sicherheitssystemen oder eine mangelhafte Sicherheitsarchitektur. Kein einziges deutsches Kernkraftwerk sei gegen einen Ausfall der Stromversorgung gesichert, sagte Oettinger.

Zufrieden ist auch Oettinger noch lange nicht. Ihn wurmt, dass es nach wie vor keine europäische Kompetenz für die Überwachung und Kontrolle der Sicherheit gibt. Denn diese liegt weiter in den Händen der Mitgliedstaaten. "Wir haben gemeinsame Standards im Umweltschutz, für Gesundheits- oder Verkehrsfragen. Unsere Lektion aus der Fukushima-Katastrophe und dem Stresstest heißt: Wir brauchen eine gemeinsame EU-Gesetzgebung für nukleare Sicherheit", sagte der Kommissar unserer Zeitung.

Im kommenden Monat will Oettinger die Situation bilanzieren und dann einen Gesetzesvorschlag präsentieren. "Wir brauchen ein europäisches Netzwerk zur Überwachung." So sollen die Betreiber gezwungen werden, eine Versicherung für Unfälle aller Art abzuschließen, um anschließende Umwelt- und sonstige Schäden zu beseitigen.

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