Euro-Patient Griechenland Nur im Prinzip positiv

Brüssel · Der Prüfbericht der Geldgeber über die Reformfortschritte Griechenlands hält fest, dass Athen die Forderungen der anderen Euro-Länder erfüllt. Aber zwischen den Zeilen klingt Skepsis durch.

 Die Sorgen um den griechischen Euro-Patienten nehmen wieder zu.

Die Sorgen um den griechischen Euro-Patienten nehmen wieder zu.

Foto: dpa

Die Sorgen um den griechischen Euro-Patienten nehmen wieder zu. „Es gibt gute Nachrichten“, sagte zwar der Chef der Währungsunion, der niederländische Finanzminister Jeroen Dijssel-bloem, am Montag vor einem Treffen mit seinen Amtskollegen in Brüssel. Da ahnte er wohl schon, dass der Prüfbericht der Geldgeber über die Reformfortschritte Athens „im Grundsatz positiv“ ausfallen würde. Aber zwischen den Zeilen klang Skepsis durch: Erstmals verzichteten die Experten von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank, ESM-Rettungsfonds und Internationalem Währungsfonds (IWF) auf eine Empfehlung an die Minister.

Die standen vor der Frage, ob sie die nächste Tranche des dritten Hilfspaketes (Gesamtumfang 86 Milliarden Euro) über 2,8 Milliarden auszahlen sollten. 28,9 Milliarden sind bisher überwiesen worden. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte schon vorab deutlich gemacht, dass die Hellenen derzeit keinen allzu großen Finanzengpass hätten.

Erst im Dezember werde wieder eine Rückzahlung an den IWF über 300 Millionen Euro fällig. Bis dahin komme die Regierung „gut“ über die Runden.

Der Prüfbericht aber hat es in sich. 15 sogenannte „Meilensteine“ musste Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras abarbeiten. Er selbst hält 13 für erledigt, andere sprechen von gerade einmal sieben. Bei der Privatisierung von Staatsbetrieben, dem Abbau der Bürokratie vor allem im Bausektor, bei der Bildung, den Renten und der Liberalisierung des Energiesektors klaffen nach wie vor Lücken. Beim Versuch, die griechischen TV-Sender zu verkaufen, scheiterte Tsipras nicht zuletzt deshalb, weil er einem „alten Bekannten eine Lizenz zukommen lassen wollte, der dann aber nicht in der Lage war, die erste Rate zu zahlen“, beschreibt Alexander Kritikos, Griechenland-Experte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), die Lage. „Tsipras führt die Klientelpolitik der Vorgängerregierungen fort.“

Überschattet wurden die Beratungen der Eurogruppe noch zusätzlich von dem lange schwelenden Streit mit dem IWF und seiner Beteiligung am dritten Hilfspaket. „Wir haben noch keine Vereinbarung erreicht“, bekräftigte am Montag David Lipton, Erster Vize des Fonds, nachdem Schäuble mit Äußerungen zitiert worden war, der IWF sei – wie im Bundestag versprochen – jetzt mit im Boot.

Tatsächlich sträubt man sich in Washington dagegen, dass der Euro-Raum vor allem aufgrund des deutschen Widerstandes immer noch keinen Plan zur Entschärfung des Schuldenberges von inzwischen 328 Milliarden Euro gefasst hat.

Es gehe nicht um einen Schuldenschnitt, betont man beim IWF, sondern um eine Umstrukturierung der Schulden, damit Athen überhaupt eine Chance habe, diese je wieder abzutragen.

Die Skepsis richtet sich aber nicht nur gegen die Eurogruppe, die am liebsten auf Wunsch Schäubles erst 2018 nach dem Auslaufen des dritten Hilfspaketes an der Schuldenschraube drehen würde, sondern auch gegen die griechische Regierung. Ihr wirft der IWF vor, entscheidende Reformen bei den Renten oder der Einkommensteuer noch gar nicht angegangen zu haben.

Dass Athen überhaupt zu einer Modernisierung der öffentlichen Verwaltung fähig ist, bezweifelt man in Washington erheblich. Inzwischen sind Experten des IWF für zwei Wochen vor Ort.

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