Kommentar zu den Folgen der Wahl in Berlin Noch ist nichts entschieden

Meinung | Berlin · Merkel hat mit ihrem Auftritt nach der Wahl gezeigt, dass sie sehr wohl gewillt ist zu kämpfen. Auf Bundesebene heißt das: Für 2017 ist alles offen.

 Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht am 19.09.2016 in Berlin während einer Pressekonferenz nach der CDU-Bundesvorstandssitzung. Nach der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus sind die Spitzengremien der Partei zusammengekommen um die Ergebnisse zu analysieren. Foto: Michael Kappeler/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht am 19.09.2016 in Berlin während einer Pressekonferenz nach der CDU-Bundesvorstandssitzung. Nach der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus sind die Spitzengremien der Partei zusammengekommen um die Ergebnisse zu analysieren. Foto: Michael Kappeler/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++

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Eine Kanzlerin spricht über Gefühle. Das ist bemerkenswert. In diesem Fall beschreibt Angela Merkel sogar ein „absolut sicheres Gefühl“, dass sich die Lage im Lande in der Flüchtlingspolitik zum Besseren wenden werde. Merkel hat nach zwei Wahlniederlagen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin selbstredend nicht ihr Koordinatensystem verloren. Die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin bleibt grundsätzlich auf Kurs, von dessen Richtigkeit sie überzeugt ist, den sie aber ins Land besser vermitteln muss und will.

„Wir schaffen das.“ Merkel sieht diesen Satz inzwischen inflationär gebraucht. Sie will es aber trotzdem schaffen. Eine Kehrtwende vollzieht Merkel nicht, zu Korrekturen, auch zu der Zusage, dass sich eine Zuwanderung in der (ungesteuerten) Art und auch der Zahl nach wie 2015 nicht wiederholen dürfe, ist sie bereit. Gleichwohl reicht sie der Schwesterpartei CSU nicht die Hand, um deren Forderung nach einer Obergrenze (möglichst per Gesetz) mitzutragen.

Wenn tatsächlich jemand geglaubt haben sollte, eine Bundeskanzlerin würde nach elf Jahren in diesem Amt wegen zweier Niederlagen bei Landtagswahlen tatsächlich hinwerfen, wurde dabei das unbedingte Stehvermögen, um in dieser Höhe zu bestehen, komplett ausgeblendet. Merkel hat mit ihrem Auftritt nach der Berlin-Wahl gezeigt, dass sie sehr wohl gewillt ist zu kämpfen und ebenso bereit, auf Kritiker (auch aus der CSU) zuzugehen. Die CDU-Vorsitzende hat nicht den geringsten Eindruck erweckt, als wäre sie amtsmüde. Ein „absolut sicheres Gefühl“ in einer solchen Lage trägt niemand nach außen, der nicht bereit wäre, seinen Weg weiter zu gehen.

Noch ist nichts entschieden. Merkel muss sich zu einer erneuten Kanzlerkandidatur noch erklären, ebenso der SPD-Chef Sigmar Gabriel, ob er im kommenden Jahr als Spitzenkandidat seiner Partei bereit steht. Weder ist die rechtspopulistische Alternative für Deutschland bereits in den Bundestag gewählt, obwohl sie sich bereits diesem Ziel nahe wähnt. Und auch eine Wende hin zu einer rot-rot-grünen Koalition, die jetzt vor allem die Linke propagiert, ist überhaupt nicht ausgemacht, auch wenn es in Berlin auf Landesebene dazu kommen sollte. Die Lage für 2017 im Bund ist: offen.

Für Mehrheiten von Zweierbündnissen wird es mit dem Erstarken der AfD schwieriger. Dreierbündnisse wiederum gelten als krisenanfälliger als Zweierkoalitionen mit ihren bewährten Verfahren. Nach dem Wahltag 2017 im Bund werden die Karten komplett neu gemischt. Noch fahren CDU, CSU und SPD irgendwie gemeinsam, auch wenn die CSU mit ihrem Oppositionskurs daran Zweifel streut. Die Volksparteien müssen nach dem Ausgang der jüngsten Landtagswahlen erkennen, dass ihnen die Wähler weglaufen und das Volk offenbar auf eines keine Lust mehr hat: auf eine Koalition der halben Sachen.

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