Chef der britischen Ukip Nigel Farage macht Stimmung gegen Einwanderer und die EU

LONDON · Nigel Farage arbeitet im übertragenen Sinne im Zentrum Europas, was ihn jedoch nicht davon abgehalten hat, sich zum berühmtesten Anti-Europäer in Großbritannien zu entwickeln. Er lästert bei jeder Gelegenheit über jene Privilegien, in deren Genuss er kommt.

Denn seit 15 Jahren sitzt der Chef der britischen Unabhängigkeitspartei Ukip im Europaparlament und profitiert als Abgeordneter vom System der EU. Doch zu Hause im Königreich sorgt der 49-Jährige vor allem als Populist für Furore. Am liebsten macht er Stimmung gegen Einwanderer und EU-Gesetze. Während er früher noch als Witzfigur in der rechten Schmuddelecke belächelt wurde, hat er sich zu einer ernsthaften Bedrohung für die gestandenen Politiker in Westminster entwickelt.

Gerade weil Farage unentwegt den sofortigen Austritt aus der Europäischen Union fordert, feiert er einen Umfrageerfolg nach dem anderen. Die Ukip könnte bei den Europawahlen stärkste Kraft in Großbritannien werden. Und alles, was die großen Parteien Tories, Labour und die Liberaldemokraten dagegen zu halten haben, tut Farage als Teil einer "Schmutzkampagne" ab.

Farage sieht sich selbst nicht als Politiker, sondern als Anwalt des "hart arbeitenden britischen Menschen" und jenes Bild passt besser in einen englischen Pub als nach Westminster. Mit seiner Raucherstimme und dem Dauergrinsen hat der Chef der Polterpartei sich in den vergangenen Monaten wie ein Chamäleon an seine Umgebung und seine Zuhörer angepasst - ob in Gummistiefeln in überfluteten Dörfern oder wie zuletzt im englischen Sheffield, um eine neue Plakatkampagne zu präsentieren.

Die jedoch bringt ihn nun in die Bredouille. Ukip warnt auf einem Poster vor der Invasion von billigen Arbeitskräften aus ärmeren EU-Ländern, auf dem ein Bauarbeiter bettelnd auf der Straße sitzt, "EU-Politik bei der Arbeit", heißt es dazu. Auf einem Plakat zeigt ein Finger auf den Betrachter, dazu die Frage: "26 Millionen Menschen in Europa suchen nach Arbeit - und hinter wessen Job sind Sie her?" Für Empörung sorgte zudem das Bild eines brennenden Union Jacks, womit Farage verdeutlichen will, dass 75 Prozent der Gesetze in Brüssel verabschiedet werden.

Auch wenn er es mit der Wahrheit nicht immer so genau nimmt, er trifft den Nerv vieler Briten. Politiker und Medien werfen ihm wegen der Kampagne nun Rassismus und Fremdenfeindlichkeit vor. Er, der sich unentwegt von rechtsnationalen Parteien wie Marine Le Pens Front National in Frankreich oder Geert Wilders PVV in den Niederlanden abzugrenzen versucht, verteidigt sich, dass Ukip nur die "knallharte Wirklichkeit" abbilde.

Doch Farage, Vater zweier Kinder, bietet eine Angriffsfläche: Seine Frau ist Deutsche und arbeitet bei ihm als Sekretärin, wird dementsprechend vom britischen Steuerzahler bezahlt. Ein BBC-Reporter forderte deshalb in dieser Woche eine Erklärung von ihm. Doch der Euroskeptiker antwortete wie gewohnt mit lockeren Sprüchen: Niemand sonst wolle "bis Mitternacht bei mir zu Hause sein, um durch E-Mails zu gehen".

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