Christlich-islamischer Tag in Krefeld Nicht auf Augenhöhe

KREFELD · "Zum christlich-islamischen Dialog gibt es keine Alternative", findet der Geschäftsführer der Christlich-Islamischen Gesellschaft, Thomas Lemmen, und niemand widerspricht ihm am Samstag beim "Tag des christlich-islamischen Dialogs", der nach dreijähriger Vorbereitung am Wochenende im niederrheinischen Krefeld mit über 1000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern stattfand - in einer Stadt, in der nach Oberbürgermeister Gregor Kathstede Menschen aus fast 150 Nationen leben und in der etwa ein Drittel aller Einwohner einen Migrationshintergrund hat.

Für Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) ist es "in einer zunehmend pluralen Gesellschaft besonders wichtig, dass sich Menschen unterschiedlicher Herkunft, Kultur und Dialog kennen". Sie zog es freilich vor, zur Veranstaltung ihre Stellvertreterin Sylvia Löhrmann (Grüne) zu schicken, die in ihrem Grußwort deutlich macht, dass es mehr solcher Veranstaltungen geben müsste, sie aber ebenfalls keine Zeit hat ("mein Terminkalender") und sofort nach ein paar freundlichen Worten das Leineweberhaus wieder verlässt.

Mehr Zeit haben der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, und der Aachener Weihbischof Johannes Bündgens mitgebracht. Schließlich wurde dieser Tag (dem laut Thomas Lemmen weitere folgen sollen, wenn die Politik vor allem mehr Geld gibt) nicht nur von den islamischen Verbänden in Nordrhein-Westfalen, sondern auch von allen evangelischen Landeskirchen und katholischen Bistümern mitgetragen. Insgesamt 60 Veranstaltungen standen auf dem Programm, die Kirchen und die Moscheen der Stadt boten Führungen durch ihre Gotteshäuser an.

Bei den Informationsständen im Seidenweberhaus dominierten - ebenso wie bei den Teilnehmern - die Muslime. Neben dem kärglichen Informationsmaterial der Kirchen gab es islamische Schriften in Hülle und Fülle. Selbstverständlich auch den Koran. Eine Bibel suchte man vergeblich. Beim zentralen Gesprächsforum "Wie hältst Du's mit der Religion?" standen persönliche Glaubenserfahrungen im Mittelpunkt, aber nicht die Zentralen Themen der "Zukunft im Dialog", wie das offizielle Motto lautete.

Es war kein Dialog auf Augenhöhe. Vor allem deshalb, weil weder Präses Rekowski noch Weihbischof Bündgens oder später beim Pressegespräch weder der rheinischen Kirchenrat Rafael Nikodemus noch der Aachener Bischofsreferent für Islamfragen, Dieter Griemens, die Themen ansprachen, die den meisten Christen auf den Nägel brennen. Fragen zum Thema Christenverfolgung und -benachteiligung in islamischen Ländern wurden mit Hinweis auf die fehlende Zeit nur unwillig zugelassen.

Schließlich sei dies in erster Linie ein "politisches Thema" und außerdem würden Muslime bei Heimatbesuchen schon darüber berichten, wie es ihnen in Deutschland gehe, erklärte ziemlich schmallippig Wilhelm Sabri Hoffmann, der Vorsitzende der Christlich-Islamischen Gesellschaft.

Der "Tag des christlich-islamischen Dialogs" in Krefeld, der fast alle brennenden religiösen, gesellschaftlichen und politischen Fragen zwischen den beiden Weltreligionen ausklammerte und so einen Dialog auf Augenhöhe verhinderte, machte aber deutlich: Es gibt eine Fülle gemeinsamer Aktionen in Nordrhein-Westfalen, die für die Integration, ein gutes nachbarschaftliches und friedliches Miteinander unverzichtbar sind.

Schon im März hatten in Krefeld Christen und Muslime ein gemeinsames Zeichen für mehr Toleranz und Verständigung gesetzt und gemeinsam einen "Wald des Dialogs" gepflanzt.

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