Kommentar zur CDU-Kritik bei Youtube Neuer Schwung

Meinung | Bonn · Ein politischer Frontalangriff von einem Star der Youtube-Szene: Damit hat die CDU nicht im Traum gerechnet. Rezo stellt Fragen, die eine Partei gern beantworten können sollte, wenn sie auch die Interessen der nachwachsenden Generationen vertreten will, kommentiert GA-Chefredakteur Helge Matthiesen.

Wer bei den Christdemokraten auf die Idee kam, Philipp Amthor per Video gegen Youtuber Rezo antreten zu lassen, hat sich vermutlich keine Bilder der beiden angeschaut. Größer kann der kulturelle Abstand zweier annähernd gleichaltriger junger Männer kaum sein. Und auch das leicht anbiedernde Herumgerede des 33-jährigen ehemaligen Vorsitzenden der Jungen Union, Paul Ziemiak, unterstreicht, wie weit sich da Welten voneinander trennen. Karriereorientierte Jungpolitiker treffen auf gesellschaftliche Realität – und scheitern.

Das war kein ritualisierter Angriff von irgendwelchen Jungsozialisten oder Linken, kein rechtes Gerede vom AfD-Nachwuchs, sondern eine Attacke aus der aktuellen Jugendkultur. Man darf Rezos Video polemisch finden, aggressiv, unsachlich und unfair. Aber es ist ihm nicht abzusprechen, dass er eine wichtige Diskussion eröffnet. Bestimmt überspitzt. Aber das ist in der Politik erlaubt und erwünscht.

Rezo stellt ein paar Fragen, die eine Partei gern beantworten können sollte, wenn sie für sich in Anspruch nimmt, auch die Interessen der nachwachsenden Generationen zu vertreten. Es geht um den Klimawandel, die Freiheit des Internets und die doppelte Moral etablierter Politik. Er stört sich auch am Stil der Parteivertreter, wie sie mit den Jugendlichen und ihren Interessen umgehen. Stellvertretend für seine Generation fühlt er sich nicht ernstgenommen, belehrt und abgebügelt.

Das sollte die Kevin Kühnerts und Philipp Amthors dieser Republik schon ein wenig beunruhigen. Denn welche Jugend vertreten sie eigentlich in ihren Parteien, wenn ihnen nicht gelingt, die Themen so zu formulieren, wie es Rezo schafft? Der findet die CDU immerhin wichtig genug, um sie zu kritisieren. Die SPD schafft es noch nicht einmal, als ernsthafter Gegner wahrgenommen zu werden.

Die Parteien müssen sich anstrengen, die jungen Menschen, die da gerade in die Politik einwandern, nicht zu verlieren. Es braucht mehr als einen eigenen Videokanal und ein paar flotte Sprüche. Paul Ziemiak geht immerhin den richtigen Weg und will reden. Andere Politiker aller Parteien sollten nachziehen.

Die Jugendlichen fordern die Erwachsenen heraus. Sie wollen mehr sein als künftige Rentenzahler, und das ist auch gut so. Unsere Demokratie braucht neuen Schwung: Hier ist er.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Nicht zielgenau
Kommentar zu den Hilfen für Kohlereviere Nicht zielgenau