Kommentar zur Bertelsmann-Studie Neue Mauern

Meinung · Die Bertelsmann-Studie zeigt, wie viele Wähler die AfD aus der Bürgerlichen Mitte gewonnen hat. Für die Union und die SPD eine bedrohliche Entwicklung.

 Ein Großteil der AfD-Wähler kommen aus der bürgerlichen Mitte und dem prekären Milieu.

Ein Großteil der AfD-Wähler kommen aus der bürgerlichen Mitte und dem prekären Milieu.

Foto: picture alliance / Matthias Bein

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat kürzlich Aufsehen erregt mit dem Befund, dass in Deutschland neue Mauern aus Entfremdung und Wut entstanden seien. Die Studie der Bertelsmann-Stiftung sieht das ähnlich: Die Mauer trennt Befürworter und Skeptiker der Modernisierung. Letztere hätten zu großen Teilen AfD gewählt.

Es ist eine weitere Annäherung an das Phänomen AfD-Wähler. Die Studie beleuchtet leider kaum, welche Rolle schierer Protest und der Wunsch nach einem Denkzettel bei der Wahlentscheidung gespielt haben. Aber sie zeigt den etablierten Parteien schonungslos, in welcher Gefahr sie stecken.

So wilderte die AfD im Milieu der bürgerlichen Mitte – was die Union alarmieren muss, die massiv verlor. Stärker noch waren die Rechtspopulisten bei Wählern der unteren Mittelschicht und Unterschicht, obwohl hier die SPD zuständig sein will. Zudem schaffte es die AfD, Nichtwähler in prekären Bezirken zu mobilisieren.

Es wird eine Mammutaufgabe für die Parteien, diese Wähler zurückzugewinnen. Die Politik muss erklären, was diese „Modernisierung“ eigentlich ist und wo Chancen und Risiken liegen. Sie muss erklären, warum die Zukunft digital ist, aber auch Antworten haben für einen Lkw-Fahrer, der bald seinen Job an einen Fahr-Roboter verliert. Sie muss erklären, dass wir qualifizierte Zuwanderung brauchen und gleichzeitig zeigen, dass Recht durchgesetzt wird und Grenzen geschützt werden. Sie muss erklären, warum die EU lebenswichtig für Deutschland ist.

Es bringt jedenfalls nichts, die AfD und ihre Wähler pauschal als Nazis abzutun. Das stärkt sie nur.

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