Neuer Ost-West-Konflikt Nato probt im Norden den Ernstfall

MOSKAU · Markige Gesten statt versöhnlicher Diplomatie in einem neuen Ost-West-Konflikt: Mit aufwändigen Militärmanövern provozieren sich Russland und die Nato gegenseitig.

Unter norwegischer Führung hat die westliche Militärallianz die bis zum 4. Juni dauernde sogenannte "Arctic Challenge Exercise" gestartet. An der Luftwaffenübung nehmen auch die nicht zur Nato gehörenden Streitkräfte Finnlands und Schwedens sowie der Schweiz teil. Die Bundeswehr ist mit zwölf Eurofightern und einem Tankflugzeug vertreten. Zudem stellt die Airbus-Tochter "Gesellschaft für Flugzieldarstellung" aus Schleswig Holstein mehrere Flugzeuge.

Insgesamt sind 115 Flugzeuge und 4000 Soldaten involviert. Beim Manöver in Nordeuropa wird offizieller Lesart nach eine UN-Friedensmission geprobt: Fiktives Szenario sei die Durchsetzung einer Flugverbotszone wie in Syrien, für die es ein UN-Mandat gegeben habe, sagte Vize-Manöverleiter Carl-Johan Edström. "Wir gewährleisten unsere Sicherheit zusammen mit anderen, und das bedeutet, dass wir zusammen trainieren müssen", fügte der schwedische Luftwaffenoffizier an. Wen die Nato als Sicherheitsrisiko einstuft, ist dabei unschwer zu erkennen: Das Manöver findet unweit der russischen Grenze statt. Mehrfach hatte es zuletzt Streit um die Aktivität russischer Kampfflugzeuge im europäischen Luftraum gegeben. Gerade im Baltikum ist die Nervosität hoch.

Bedroht fühlt sich allerdings auch Russland, das eigene Ambitionen in der rohstoffreichen Arktisregion hat und auf die Luftwaffenübung umgehend mit einem Blitzmanöver von Luftwaffe und Luftabwehrtruppe in der Uralregion reagierte. Auf Befehl von Verteidigungsminister Sergej Schoigu wurden 12.000 Soldaten in Gefechtsbereitschaft versetzt. 250 Flugzeuge und knapp 700 Militärfahrzeuge nehmen an der viertägigen Übung teil. Große Truppenteile wurden im Eiltempo in die nordrussische Region Archangelsk am Weißen Meer verlegt.

Die zu Sowjetzeiten üblichen Blitzmanöver wurden von Russland lange Zeit nicht praktiziert. Erst mit der Installierung Schoigus als Verteidigungsminister vor zwei Jahren finden sie wieder regelmäßig statt - und erregen nach der Ukraine-Krise das Misstrauen im Westen. Dem Anschluss der Krim war ein solches unangekündigtes Manöver vorausgegangen. Als es kurz darauf in der Ostukraine zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Militärs und Separatisten kam, startete Russland ein neues Militärmanöver, um den Druck auf Kiew zu erhöhen.

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