Europawahl Münchner Friedenspfeife

BERLIN · Erwin Huber bildete die Vorhut. Der frühere CSU-Vorsitzende ließ das Parteivolk und den Rest der Republik schon vor Wochen wissen, wen er für den wahren Schuldigen für den Absturz seiner Partei bei der Europawahl hält: CSU-Chef Horst Seehofer. "Die CSU muss die Weichen für die Zeit nach Seehofer stellen", forderte der frühere Landesfinanzminister unverhohlen.

 Bemüht, den Eindruck von Geschlossenheit zu vermitteln: CSU-Chef Horst Seehofer beim Interview nach der Klausursitzung.

Bemüht, den Eindruck von Geschlossenheit zu vermitteln: CSU-Chef Horst Seehofer beim Interview nach der Klausursitzung.

Foto: dpa

Der amtierende Vorsitzende habe die Aufgabe, diese Übergangsphase zu gestalten, "aber nicht allein nach seiner persönlichen Lebensplanung", so Huber über seinen Parteifeind Nummer eins. Die Zeit der einsamen Ansagen müsse endlich vorbei sein.

Immerhin fünf Wochen hat es gedauert, bis sich der CSU-Vorstand am Wochenende dazu aufraffen konnte, gemeinsam nach den Gründen für den Absturz bei der Europawahl zu suchen. Von 48,1 Prozent noch 2009 waren die Christsozialen vom Wähler am 25. Mai auf gerade noch 40,5 Prozent Zustimmung zurechtgestutzt worden. Es war das schlechteste CSU-Ergebnis bei einer überregionalen Wahl seit 60 Jahren.

Zur Aussprache gingen die Mitglieder des CSU-Vorstandes sicherheitshalber in München in Klausur. Parteichef Seehofer hatte noch vor der Europawahl den Euro-Kritiker Peter Gauweiler eigens zum CSU-Vize gemacht, auch, um in der eigenen Partei einen Akzent für Wähler zu setzen, die eventuell mit der euroskeptischen Alternative für Deutschland (AfD) liebäugelten. Es brachte wenig.

Nach neun Stunden Aussprache hinter verschlossener Tür erklärte dann ein erkennbar gedämpfter CSU-Chef Seehofer, sowohl Ex-Parteichef Huber wie auch der Spitzenkandidat im Europawahlkampf, Markus Ferber, hätten "ein Signal der Verständigung" gegeben. Friedenspfeife. "Sie haben sich mit in dieses Boot der Geschlossenheit gesetzt", versuchte Seehofer den Eindruck zu verbreiten, in dem CSU-Spitzengremium herrsche nun wieder normale Betriebstemperatur.

Seehofer deutete zugleich einen wieder stärker dialogorientierten Führungsstil an und kündigte an, bis zu den nächsten Landtagswahlen 2018 Ministerpräsident in Bayern bleiben zu wollen. Und wenn die CSU im kommenden Jahr ihren Vorstand turnusgemäß wiederwählt, will Seehofer erneut für den Parteivorsitz kandidieren. Die Spitzenkandidaturen für die Bundestagswahl 2017 und die Landtagswahl 2018 soll seine Partei nach Seehofers Vorstellung jeweils ein Jahr zuvor klären.

Der CSU-Chef machte deutlich, dass die scharfen Attacken von Parteivize Gauweiler gegen die EU-Kommission in Brüssel nun der Vergangenheit angehörten. Er betonte zugleich, dass es eine Zusammenarbeit mit der euroskeptischen AfD nicht geben werde. Inhaltliche Auseinandersetzung mit den Thesen der AfD ja, einen Wettstreit darüber, wer die besten Parolen platziere, wolle die CSU aber nicht anstrengen.

Nach der Aussprache vom Wochenende will die CSU möglichst bald mit einem starken eigenen Akzent punkten und dabei zugleich eine Ankündigung aus dem Wahlkampf umsetzen. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) lässt seit Wochen mit Nachdruck an einem Gesetzentwurf zur Einführung einer Pkw-Maut für ausländische Autofahrer arbeiten. Noch vor der Sommerpause sollte der Gesetzestext vorliegen.

Der Bundestag tagt in dieser Woche letztmals vor der knapp dreimonatigen Auszeit. Der Bundesrat tritt am 11. Juli zu seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause zusammen. EU-Verkehrskommissar Siim Kallas warnte Dobrindt unterdessen, mit dem Gesetzentwurf womöglich gegen EU-Recht zu verstoßen, falls ausländische Autofahrer benachteiligt würden. Es könne nicht sein, dass deutsche Autofahrer die Maut über einen Nachlass bei der Kfz-Steuer erstattet bekämen, so Kallas.

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