Kommentar zu bayerischen Gesetzesplänen Mittel zum Zweck

Meinung | Bayern · Markus Söder legt im Amt los wie die Feuerwehr. Kein Wunder: Er muss die Landtagswahlen im Oktober mit absoluter Mehrheit gewinnen, kommentiert GA-Redakteur Kai Pfundt.

Der diesseits von Bayerns Grenzen stationierte Beobachter versteht langsam, warum es dem Polit-Alphatier Horst Seehofer nicht gelungen ist, die Ambitionen eines Markus Söder zu zügeln: Seehofers Nachfolger im Amt des bayerischen Ministerpräsidenten legt in den knapp sechs Wochen seit seiner Berufung los, als stünde er unter Starkstrom und Aufputschmitteln, den Gottseibeiuns direkt hinter sich. Vor sich hat Söder Wahlen, Mitte Oktober. Die will er nicht nur nicht verlieren. Die muss er CSU-mäßig mit absoluter Mehrheit gewinnen, um seine Position zu konsolidieren. Um dieses Ziel zu erreichen, hat Söder eine Reihe von Gesetzesplänen auf den Weg gebracht, die direkt auf den Bauch der Wähler zielen sollen. Das mit den bedeutsamsten Folgen: ein neues Polizeigesetz. Das mit dem stärksten Symbolgehalt: Der Plan, in den Eingangsbereichen aller bayrischen Landesbehördengebäude Kreuze aufzuhängen.

In Bayern, dessen Großstädte zu den sichersten in Deutschland gehören und wo die vergleichsweise niedrige Zahl der Straftaten weiter sinkt, sollen die Befugnisse der Polizei umfassend erweitert werden, bis zu tiefen Eingriffen in die Privatsphäre. Für „Sicherheit durch Stärke“ (CSU-Motto) soll die Polizei sogar mit Handgranaten ausgerüstet werden. Man fragt sich, welche Szenarien die Initiatoren dabei im Sinn haben. Das traumatischste Verbrechen in Bayern der letzten Jahre, der Amoklauf von München 2016, hätte so weder verhütet noch bekämpft werden können. Und ob die islamistischen Attentate von Ansbach und Würzburg hätten verhindert werden können, ist höchst fraglich. Um das harte Sicherheitspaket aufzuhübschen, soll jede bayerische Großstadt eine schmucke Reiterstaffel bekommen, das Wort von der „bayerischen Kavallerie“ macht die Runde.

Beim Vorhaben, in allen Amtsgebäuden der bayerischen Staatsregierung in den Eingangsbereichen an prominenter Stelle Kreuze aufzuhängen, sind die Konsequenzen weniger tiefgreifend, der symbolische Wert ist aber umso höher. Der Plan wirkt wie ein später Versuch, das Kruzifix-Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu unterlaufen. Wen glaubt Söder täuschen zu können mit der Behauptung, das Ganze sei Ausdruck von geschichtlicher und kultureller Prägung Bayerns und habe mit Religion aber auch gar nichts zu tun? Der Islam mag ja zu Deutschland gehören, wie die Kanzlerin sagt. Zu Bayern, so die Botschaft, gehört er nicht. Da ist die CSU ganz bei sich, auch wenn das Neutralitätsgebot und die Trennung von Staat und Kirche auf der Strecke bleiben und religiöse Symbole als Mittel zum Zweck instrumentalisiert werden.

Der Zweck lautet absolute Mehrheit. Dazu braucht Söder, braucht die CSU AfD-Sympathisanten und Freie-Wähler-Renegaten, auf die die Sicherheits- und Traditionsinitiativen ungeniert zielen. Wie man Wahlen am rechten Rand gewinnt, hat die CSU im benachbarten Österreich vor wenigen Wochen schließlich fast hautnah verfolgen können.

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