Große Koalition Mindestlohn, Maut und Mütterrente - Was erwartet Deutschland?

BONN · Es war ein Marathon-Finale: In 17-stündigen Verhandlungen haben sich die Spitzen von CDU, CSU und SPD auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Für die Neuauflage einer großen Koalition fehlt jetzt nur noch das Ja der SPD-Mitglieder. Und das sind die wichtigsten Beschlüsse.

Mindestlohn

In Deutschland soll es ab 2015 einen flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde geben. Die Höhe dieses allgemein verbindlichen Mindestlohns soll in regelmäßigen Abständen von einer siebenköpfigen Kommission der Tarifpartner festgelegt werden. Die Mitglieder der Kommission werden von den Verbänden der Arbeitgeber und Gewerkschaften benannt. Der Vorsitz ist alternierend, die genaue Regelung wird hierzu im Gesetz getroffen. Bei der Bestimmung der künftigen Höhen soll externer wissenschaftlicher Sachverstand hinzugezogen werden.

Rentenpaket

Danach sollen die abschlagsfreie Rente mit 63 Jahren nach 45 Beitragsjahren und eine Besserstellung älterer Mütter, die vor 1992 Kinder bekommen haben, zum 1. Januar 2014 eingeführt werden. Mindestrente: Ferner soll eine "solidarische Lebensleistungsrente" für Geringverdiener in Höhe von bis zu 850 Euro pro Monat ab 2017 kommen. Auch die Erwerbsminderungsrenten sollen verbessert werden.

Bei der Rente mit 63 soll der abschlagfreie Zugang schrittweise an die Altersgrenze 65 herangeführt werden. Die Kosten für dieses Gesamtpaket waren zuvor mit mehr als 20 Milliarden Euro beziffert worden. Die Union pochte vor allem auf die Mütterrente und die SPD auf die Rente ab 63.

Maut

Union und SPD haben sich darauf verständigt, 2014 ein Gesetz zur Pkw-Maut zu verabschieden, dies aber unter Vorbehalt gestellt: Es müsse sicher gestellt werden, dass die Abgabe nur ausländische Autofahrer belastet und mit dem Europarecht vereinbar ist. In Kreisen von CDU und SPD wurde die Formulierung lediglich als Prüfauftrag gewertet. Die CSU rechnet hingegen fest mit der Einführung.

Ökostrom

In der Frage des Ausbauziels für erneuerbare Energien soll ein Ökostrom-Anteil von 55 bis 60 Prozent bis zum Jahr 2030 angestrebt werden. Zuvor hatte die Union für 50 bis 55 Prozent plädiert, die SPD für 75 Prozent.

Doppelte Staatsbürgerschaft

Die umstrittene Optionspflicht bei der Frage nach der Staatsbürgerschaft soll wegfallen. Ein generelles Ja zum Doppelpass bedeutet das aber nicht.

So sieht es derzeit aus:

Seit dem Jahr 2000 gilt die sogenannte Optionspflicht: Wer in Deutschland geboren ist und ausländische Eltern hat, bekommt demnach zwar die deutsche Staatsangehörigkeit, muss aber bis spätestens zum 23. Geburtstag zwischen dem deutschen Pass und dem seiner Eltern wählen. Das beträfe bis 2017 jährlich zwischen 3000 und 7000 junge Frauen und Männer - überwiegend Menschen mit türkischen Wurzeln. Bislang haben bereits 176 junge Leute wegen der Optionspflicht die deutsche Staatsangehörigkeit verloren. Sie gehören zum Geburtsjahrgang 1990, für den die Regelung zum ersten Mal griff.

So soll es in Zukunft aussehen:

Die Optionspflicht soll wegfallen. Das heißt, wer als Kind ausländischer Eltern in Deutschland geboren und aufgewachsen ist, soll auf Dauer die doppelte Staatsbürgerschaft bekommen und sich nicht länger als junger Erwachsener für einen der beiden Pässe entscheiden müssen. Die SPD hat sich an dieser Stelle mit ihrer Forderung durchgesetzt. Die Union hatte sich lange gegen eine Abschaffung der Optionspflicht gewehrt.

[kein Linktext vorhanden]Für jene, die nicht in Deutschland geboren sind, sondern erst später zuwandern und sich einbürgern lassen, soll sich aber nichts ändern. Das heißt, eine generelle Zulassung der Mehrstaatigkeit - wie von der SPD gefordert - kommt nicht. Die Union hatte sich mit dem Thema Doppelpass insgesamt sehr schwer getan und die generelle Zulassung doppelter Staatsbürgerschaften blockiert. Damit bleibt die rechtliche Lage für die später Zugewanderten je nach Herkunftsland uneinheitlich.

Finanzierung

Auf Steuererhöhungen für neue Projekte will eine große Koalition verzichten. Von 2015 an sollen keine neuen Schulden mehr gemacht werden. Union und SPD verständigten sich auch auf einen Finanzrahmen für Zusatzausgaben und Investitionen bis 2017. Für die schwarz-roten Projekte sollen 23 Milliarden Euro ausgegeben werden. Bislang hatte die Union argumentiert, der finanzielle Spielraum ohne höhere Steuern oder Neuschulden betrage 15 Milliarden.

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