Sommerpressekonferenz der Bundeskanzlerin Merkels Attest nach den Zitteranfällen

BERLIN · Die Bundeskanzlerin geht gut sortiert in die Sommerpause und versichert dem Land, eine voll handlungsfähige Chefin zu haben. Merkel sagt, sie verstehe Fragen nach ihrer Gesundheit. Aber bitte: „Sie kennen mich ja auch schon eine ganze Weile.“

 Merkel bei der Pressekonferenz: „Sie kennen mich“.

Merkel bei der Pressekonferenz: „Sie kennen mich“.

Foto: dpa

Das Wichtigste zuerst: Der Bundeskanzlerin geht es gut. Angela Merkel hat nicht ihr medizinisches Bulletin mitgebracht in diese Veranstaltung, die für sie in mittlerweile 14 Jahren als Regierungschefin Sommertradition geworden ist: Auftritt vor den versammelten Korrespondenten der In- und Auslandspresse. Aber wenn sie danach gefragt wird („Wie geht es Ihnen?“), verweigert sie die Auskunft nicht: „Gut.“ Kurz, knapp. Eine echte Merkel-Antwort. Im nervösen Nachrichtengeschäft wird daraus sofort eine Eilmeldung für den Weltmarkt – in englischer Sprache: „Germany’s Merkel: I am well.“ Dass es der Regierungschefin der viertgrößten Volkswirtschaft der Erde gut geht, gilt als relevante Information. Deutschland bleibt regierungsfähig, auch mit einer Koalition, die allzu häufig „Meinungsverschiedenheiten überwinden“ muss, wie es Merkel ausdrückt.

Merkel hat nach drei Zitteranfällen bei öffentlichen Auftritten im Stehen Fragen nach ihrer Gesundheit ausgelöst. Sie verstehe diese Fragen. Aber bitte: „Sie kennen mich ja auch schon eine ganze Weile.“ Immer im Dienst, auch jetzt, wenn sie für einige Tage ihre Sommer-Auszeit nimmt. Am Mittwoch wird sie schon wieder im Bundestag sein, wenn ihre Vertraute Annegret Kramp-Karrenbauer im Plenum als Verteidigungsministerin vereidigt wird und danach auch gleich ihre erste Regierungserklärung abgeben will.

Auch sonst: „Ich bin immer im Dienst, wenn was ist, bin ich erreichbar.“ Merkel weiß: Es ist immer etwas. Aber noch einmal zurück zu ihrer Gesundheit. Doktor Merkel sagt es so: „Als Mensch habe ich auch persönlich ein hohes Interesse an meiner Gesundheit.“ Denn, man glaubt es kaum: Sie hoffe, „dass es auch noch ein Leben danach gibt“, blickt Merkel auf jene Zeit, wenn sie 2021, wie angekündigt, nach Ablauf der Legislaturperiode von allen ihren politischen Ämtern zurücktreten werde.

Irgendwann im Herbst 2021 soll also jene Nach-Merkel-Ära beginnen, wenn denn die Wahlperiode regulär zu Ende geht. Wer danach kommt, wer Merkel an der Spitze des Bundeskanzleramtes folgt, ist naturgemäß offen. Sie wolle sich auch nicht einmischen in eine Nachfolgedebatte. Doch die ehemalige CDU-Vorsitzende blickt auf die Karten, wie sie derzeit gelegt sind: Danach sitzt ihre Nachfolgerin an der CDU-Spitze, Kramp-Karrenbauer, „in entscheidender Position“. Dass sie selbst nicht mehr Parteichefin sei, löse bei ihr keine Wehmut aus, schließlich sei dies ja „eine sehr gut durchdachte Entscheidung“ gewesen. Merkel: „Ich bereue das nicht.“

Ihre Vertraute ist in Stellung, befördert und damit auch auf eine größere Bühne gebracht durch ihr neues Amt als Verteidigungsministerin. Jens Spahn (CDU), Gesundheitsminister mit Ambitionen für Höheres, sei ein guter Mann in seinem Amt. Merkel spricht über ihn, als ginge es darum, den Polier auf einer wichtigen Baustelle zu loben: „Der schafft 'ne Menge weg.“ Raunen im Saal. „Er packt auch sehr heiße Eisen an.“ Gesundheitskarte, Organspende, Pflege, Pflichtimpfung gegen Masern. Spahn wollte CDU-Vorsitzender werden. Es hat nicht geklappt. Man sagte ihm Chancen für den Posten des Verteidigungsministers nach. Hat auch nicht geklappt. „Der schafft 'ne Menge weg.“ Dabei wird es bis auf weiteres bleiben. Als Gesundheitsminister.

Kramp-Karrenbauer hat nun wieder einen Hebel mehr: Bundesministerin der Verteidigung. Auch von dort kann man trotz erheblicher Pannen noch größer herauskommen als man hingegangen ist, wie Ursula von der Leyen gezeigt hat, als sie diese Woche, wenn auch mit knapper Mehrheit, zur EU-Kommissionspräsidentin gewählt worden ist. Merkel jedenfalls ist überzeugt: Kramp-Karrenbauer werde eine „gute Verteidigungsministerin“. Dem Vorwurf des Wortbruchs, der Kramp-Karrenbauer gemacht wird, weil diese eine Rückkehr in ein Staatsamt quasi ausgeschlossen hatte, will sich Merkel nicht anschließen: „Wo immer sie arbeitet, arbeitet sie mit 100 Prozent. Aber für jeden Menschen hat der Tag auch nur 24 Stunden.“

Da wäre noch Donald Trump, US-Präsident mit sehr eigenem Amtsverständnis und auch mit einem speziellen Verhältnis zu Merkel. Anders als Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat es Merkel bei Trump nie mit einer Charmeoffensive versucht. Sie ist lieber für klare Worte. Ob sie sich mit den vier dunkelhäutigen Abgeordneten der US-Demokraten, die Trump attackiert hatte (siehe Seite 4), solidarisiere? Merkel ohne Zögern: „Ja.“ Eine kurze Pause: „Ich distanziere mich davon entschieden und fühle mich persönlich solidarisch mit den attackierten Frauen.“

Auch diese Nachricht ist in kürzester Zeit in Washington. Ebenso wie die Eilmeldung: Der Bundeskanzlerin gehe es gut. Voll handlungs- und regierungsfähig.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort