Merkel stemmt sich gegen Schulden-Vergemeinschaftung

Berlin · Kurz vor dem EU-Gipfel hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) einer Vergemeinschaftung von Schulden in Europa erneut eine klare Absage erteilt.

 Kanzlerin Merkel lehnt eine Schuldengemeinschaft der Euro-Länder ab. Foto: Wolfgang Kumm/Archiv

Kanzlerin Merkel lehnt eine Schuldengemeinschaft der Euro-Länder ab. Foto: Wolfgang Kumm/Archiv

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Vor den Bundestagsfraktionen von Union und FDP bekräftigte sie am Dienstag, dass sie eine gesamtschuldnerische Haftung ablehne. Zugleich meldete Merkel nach Angaben von Teilnehmern Bedenken gegen ein Papier von EU-Gipfelchef Herman van Rompuy an.

Die Balance zwischen notwendigem stärkeren gemeinsamen Handeln und der Frage einer gemeinsamen Haftung sei darin nicht gewahrt. Das Papier sei so formuliert, dass es zur schnellen Vergemeinschaftung der Schulden kommen könne. Damit sei sie nicht zufrieden, sagte Merkel vor CDU/CSU-Abgeordneten in Berlin.

Zuvor schon hatte die Kanzlerin mehrfach kritisiert, dass auf dem bevorstehenden Gipfel in Brüssel wieder zu viel über alle möglichen Ideen für eine gemeinsame Haftung gesprochen werde. Eine Vergemeinschaftung von Schulden sei verfassungswidrig und setze falsche wirtschaftliche Anreize. Widerstand kommt auch aus der CSU.

Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen bei ihrem Gipfel an diesem Donnerstag und Freitag in Brüssel eine tiefgreifende Reform der Währungsunion auf den Weg bringen. Das kündigte EU-Ratspräsident Van Rompuy an. Auf mittlere Sicht könnte den Vorschlägen zufolge der Weg gemeinsamer Schulden eingeschlagen werden.

Berlin fordert, vor einer gemeinsamen Haftung zunächst die europäische Integration voranzutreiben. Vor dem Gipfel wird sich Merkel an diesem Mittwoch in Paris mit dem französischen Präsidenten François Hollande beraten. Zuvor gibt sie im Bundestag eine Regierungserklärung zu dem Krisentreffen der EU-Staaten.

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt betonte, gegen eine stärkere Kontrolle systemrelevanter Banken in der EU habe sie nichts einzuwenden. Kritisch werde es allerdings dann, wenn es um eine gemeinsame Einlagensicherung gehe. Es könne nicht sein, dass Deutschland hier für die Fehler in anderen Staaten hafte.

Die Unionsfraktion stimmte am Dienstag mit großer Mehrheit für die Gesetzentwürfe zum Euro-Rettungsschirm ESM und europäischen Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin. Allerdings votierten elf Abgeordnete gegen den ESM, ein Parlamentarier enthielt sich. Gegen den Fiskalpakt stimmten drei Abgeordnete, bei einer Enthaltung.

Über beide Finanzinstrumente entscheiden an diesem Freitag Bundestag und Bundesrat. Nach einvernehmlichen Gesprächen der schwarz-gelben Bundesregierung mit SPD und Grünen sowie den Bundesländern gilt eine breite Unterstützung als sicher. Die SPD-Fraktion billigte bei nur einer Gegenstimme am Dienstag das mit der Koalition ausgehandelte Kompromisspaket zum Fiskalpakt.

Zu der von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) angestoßenen Debatte über rasche Volksabstimmungen zur Euro-Hilfe äußerte sich Hasselfeldt skeptisch. "Ich sehe derzeit keine Veranlassung, über eine Volksabstimmung nachzudenken, weil wir ganz andere Baustellen haben." Auch über weitere Schritte der politischen Integration in der EU solle "ganz in Ruhe" und nicht überhastet nachgedacht werden.

CSU-Chef Horst Seehofer erwartet in absehbarer Zukunft Volksentscheide über Europafragen. "Es werden auf Dauer die grundlegenden Entscheidungen dem Volk vorzulegen sein", sagte der bayerische Ministerpräsident. "Wir sollten beginnen mit Europa, mit den Souveränitätsrechten, wenn die übertragen werden, und dem geografischen Zuschnitt Europas und mit dem Ausmaß der Finanzhilfen."

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann von den Grünen warnte, die Debatte über ein Verfassungsreferendum dürfe die Europapolitik nicht lähmen. "Das kann kein Argument dafür sein, dass jetzt nicht kraftvoll Beschlüsse gefasst werden", sagte er.

Der CSU-Bundestagsabgeordnete und Euro-Skeptiker Peter Gauweiler will ebenfalls beim Bundesverfassungsgericht gegen den ESM klagen. "Wenn es so beschlossen wird, und es ist ja davon auszugehen, werde ich das tun", sagte Gauweiler dem Bayerischen Rundfunk. Gauweiler will sich nicht an der angekündigten Klage der Linken beteiligen.

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