Meinung zum neuen Social-Media-Gesetzentwurf Mehr heiße Luft als alles andere

Meinung | Bonn · Echte Abschreckung der Täter und Hilfe für Opfer gibt es nur, wenn soziale Netzwerke verpflichtet werden, die Identität der Hater zu lüften, sagt GA-Redakteurin Jasmin Fischer.

Hasskommentare im Internet sind toxisch: Sie erreichen innerhalb von Sekunden eine Breitenwirkung wie es keine mündlich überbrachte Gemeinheit schafft. Das macht sie so gefährlich: Virtuelle Pöbeleien ebnen den Weg zu echter Gewalt. Die Standards im Netz werden als salonfähig fürs analoge Miteinander empfunden und ein labiler Charakter sieht sich durch Brandworte zu Taten ermuntert. Handlungsbedarf gibt es dringend, doch der Gesetzesentwurf von Justizminister Maas ist nicht mehr als heiße Luft – auch wenn sie aus der richtigen Richtung kommt.

Die Flut von Millionen Kommentaren, die Nutzer täglich auf Facebook, Twitter und YouTube posten, lässt sich unmöglich komplett lesen und eindeutig auf strafbare Inhalte kontrollieren. Einen Hater, der aus der Anonymität des Netzes heraus hetzt, verleumdet und beleidigt, wird die schnelle Löschung seiner Botschaften, die Maas fordert, nicht beeindrucken. Opfer aber sollten ein Recht darauf haben, dass sie gegen den unbekannten Bildschirmtäter klagen können – auf Unterlassung oder Schadensersatz zum Beispiel.

Echte Abschreckung der Täter und Hilfe für Opfer gibt es nur, wenn soziale Netzwerke verpflichtet werden, die Identität der Hater zu lüften. Nutzerdaten müssen zügig an Polizei und Behörden gegeben werden, damit die – nicht in allen, aber sicher vielen Fällen – die Autoren ausfindig machen. Nur dann können Gerichte auch Strafen verhängen. Das reine Löschen von Hassbotschaften macht im Gegensatz dazu nur Arbeit, ohne ein krankes Phänomen unserer Zeit nachhaltig zu reduzieren.

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