Syrien Massaker könnte zum Wendepunkt im Kampf gegen das Regime in Damaskus werden

WASHINGTON · Nach den jüngsten Massakern an der Zivilbevölkerung in Syrien gerät US-Präsident Barack Obama innenpolitisch immer stärker unter Zugzwang, mit militärischen Mitteln weiteres Blutvergießen im Nahen Osten zu verhindern.

 Demonstration in Bahrain: Bürger gehen am Tag nach dem Massaker mit Protestplakaten auf die Straße.

Demonstration in Bahrain: Bürger gehen am Tag nach dem Massaker mit Protestplakaten auf die Straße.

Foto: dpa

Mitt Romney, sein republikanischer Herausforderer bei den Wahlen im November, verlangt, dass die USA gemeinsam mit internationalen Partnern die Opposition gegen Präsident Baschar Al-Assad bewaffnen. Romney bezeichnete den Friedensplan von Ex-UN-Generalsekretär Kofi Annan indirekt als gescheitert. Er habe dem Regime in Damaskus nur die Gelegenheit gegeben, weiter zu töten, sagte Romney. US-Generalstabschef Martin Dempsey hat unterdessen erstmals öffentlich die Möglichkeit eines Angriffs auf das Assad-Regime angedeutet. In eine Interview sagte er gestern, die Armee werde militärische Pläne vorlegen, wenn das Weiße Haus und der Kongress dies wünschten. Vorher sei aber stärkerer diplomatischer Druck auf die Regierung in Damaskus notwendig.

Zuvor hatte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in der Nacht zum Montag der Regierung Assad unmissverständlich die Mitverantwortung für die Gräueltaten in der Stadt Hula nördlich von Homs gegeben, die über das Pfingstwochenende weltweite Empörung auslösten. Dort waren am Freitag nach Angaben von Robert Mood, dem Leiter der UN-Mission, die den Waffenstillstand in Syrien beobachten soll, mindestens 108 Menschen getötet worden; darunter 49 Kinder und 34 Frauen. "Dieser abscheuliche Einsatz von Gewalt gegen die Zivilbevölkerung stellt eine Verletzung maßgeblichen internationalen Rechts dar", beschied der Sicherheitsrat und warf dem Assad-Regime vor, gegen zentrale Punkte des Annan-Friedensplans verstoßen zu haben. Darunter ist die Verpflichtung, keine schweren Waffen mehr in bevölkerungsreichen Gebieten einzusetzen. Annan selbst zeigt sich bei einem Besuch in Damaskus gestern "schockiert", zumal die Opposition erneute Militäreinsätze gegen Zivilisten meldete. Zuvor hatte das Assad-Regime eine Verwicklung von Regierungstruppen gänzlich abgestritten und "terroristischen Banden" und Rebellen den Schwarzen Peter zugeschoben. Stellvertretend für viele Mitglieder des Sicherheitsrates sagte dagegen der deutsche UN-Botschafter in New York, Peter Wittig: "Es gibt klare Beweise für eine Beteiligung des Assad-Regimes an dem Massaker in Hula."

Dass Assad Artillerie und Panzer gegen die eigene Bevölkerung einsetzen ließ, bezweifelte auch Russlands Außenminister Sergej Lawrow nicht. Allerdings, so zitiert ihn die "New York Times", gelte es, die Mitschuld von Rebellen an dem Massaker "objektiv und unabhängig zu untersuchen".

Aufhorchen ließ Lawrow, der während des seit 15 Monaten andauernden Konfliktes in Syrien bisher jede Parteinahme gegen das mit Russland befreundete Assad-Regime vermieden hatte, mit einer Bemerkung, die Präsident Obama in die Hände spielen könnte. "Für Russland ist nicht wichtig, wer in Syrien regiert", erklärte Lawrow, "wichtig ist, dass die Gewalt in Syrien beendet wird, dass das Auslöschen von Leben beendet wird".

Obama will nach Recherchen der "New York Times" in den nächsten Wochen versuchen, dem neuen russischen Präsidenten Wladimir Putin die Zustimmung zu einem geordneten Rückzug Assads ins Exil abzuringen. Der Plan sieht vor, dass Assad geht, Teile seiner Regierung aber bis zur Ausrufung von Neuwahlen im Amt bleiben.

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