Millionen-Geschäft Malta bietet Staatsangehörigkeit für 650 000 Euro

Brüssel · Der EU-Reisepass ist wohl eines der begehrtesten Dokumente auf der Welt. Schließlich verleiht das Papier vielfältige Rechte. Wer den in Deutschland weinroten Ausweis vorlegen kann, darf sich in 28 Ländern frei bewegen, Wohnung und Arbeit suchen, Kapital-Transfers vornehmen und bei EU-Wahlen seine Stimme abgeben. Es ist die Eintrittskarte zum Paradies - und in vielen Ländern ein Millionen-Geschäft.

 Staatsbürgerschaft gegen Bezahlung: Malta will es möglich machen.

Staatsbürgerschaft gegen Bezahlung: Malta will es möglich machen.

Foto: dpa

Deshalb versuchen auch jährlich Hunderttausende Flüchtlinge auf jede nur erdenkliche Weise, europäischen Boden zu erreichen, um vielleicht irgendwann einmal im Leben einen solchen Pass ihr Eigen nennen zu können.

Doch während sich Europa für Arme immer weiter abschottet, sind Wohlhabende gerne willkommen. Für 650 000 Euro kann man seit Dienstag die Staatsangehörigkeit Maltas kaufen - und damit auch die Mitgliedschaft im elitären Europa-Club. Ehefrau und Kinder kosten noch einmal 25 000 Euro.

Die internationale Beratungsfirma Henley & Partners koordiniert das Programm und zeigt sich optimistisch: 45 Bewerber im ersten Jahr sind das Ziel. Das wären dann schon mal 20 Millionen für die Staatskasse. In Zukunft rechnet man sogar mit 200 bis 300 Antragstellern pro Jahr, denen man es so leicht wie möglich machen will: Über die Zahlung des stattlichen Betrages hinaus wird nichts erwartet. Der Neu-EU-Bürger muss weder in Malta einen Wohnsitz nehmen noch investieren.

Im Europäischen Parlament zeigt man sich geschockt. "Reisepässe für den Schengen-Raum dürfen nicht auf dem Basar verscherbelt werden", empörte sich der innenpolitische Experte der CSU-Fraktion, Manfred Weber. Und auch seine sozialdemokratische Kollegin Birgit Sippel konstatierte: "Mit solchen Programmen macht sich Europa unglaubwürdig."

Doch die bereits alarmierte EU-Kommission zuckt nur mit den Achseln: "Über die Verleihung der Staatsbürgerschaft können die Mitgliedstaaten alleine entscheiden", erklärte Kommissionssprecher Michele Cercone in strikter Übereinstimmung mit den EU-Verträgen. Man habe in dieser Frage keine Kompetenzen. Mehr noch: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg entschied mehrfach, dass sich Brüssel aus solchen Staatsbürgerschaftsfragen herauszuhalten habe.

Die Empörung kommt allerdings ein bisschen spät. Denn Malta hat das Modell nicht erfunden. Auch in Spanien wurde vor wenigen Tagen ein Gesetz erlassen, das Ausländern die begehrte nationale Staatsangehörigkeit verleiht, wenn sie 500 000 Euro in den heimischen Wohnungsmarkt investieren. Griechenland macht's noch günstiger: Seit diesem Sommer reichen dort schon 250 000 Euro, investiert in Immobilien, um eine fünfjährige Aufenthaltsgenehmigung inklusive aller Zugangsrechte zur EU zu erhalten.

In Lissabon wurde schon 2012 das "Goldene Visum" erfunden: Es beschert Anlegern, die eine halbe Million Euro mitbringen, 24 Monate Aufenthalt. Zypern verlangt derzeit stolze drei Millionen für eine unbefristete Staatsbürgerschaft. Irland gibt sich mit Anlagen in öffentliche Projekte beispielsweise im Bildungsbereich zufrieden. Und sogar die rechtslastige ungarische Regierung hat einen "Residence Permit Bond" geschaffen, der für 250 000 Euro plus 40 000 Euro Gebühren das begehrte Dokument verheißt.

Den meisten EU-Staaten sind diese Praktiken ein Dorn im Auge. Am Montag dieser Woche knöpfte sich Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) seinen maltesischen Kollegen vor, um ihm deutlich zu machen, was er von diesem Gesetz hält. Der Wortlaut wurde nicht übermittelt. Im Dezember will Bundesinnenminister Hans-Peter-Friedrich (CSU) das Thema auf die Tagesordnung im Ministerrat setzen. Aber auch er weiß: Letztlich kann er nichts dagegen tun. Denn die EU-Verträge legen ausdrücklich fest, dass jeder Mitgliedstaat alleine die Kriterien für die Verleihung der Staatsbürgerschaft festlegen darf.

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