Köln Letzte Ruhe für zahlreiche Stars auf dem Melaten-Friedhof

KÖLN · Melaten ist der bekannteste Friedhof in Köln. Auf ihm sind Prominente wie die Kölner Ikone Willy Millowitsch bestattet. Der Friedhof steht jedoch auch für eine Tragödie während des Zweiten Weltkriegs.

 Mit großen Statuen verzierte Grabstätten sind auf dem Melaten-Friedhof keine Seltenheit.

Mit großen Statuen verzierte Grabstätten sind auf dem Melaten-Friedhof keine Seltenheit.

Foto: picture alliance / dpa-tmn

August Broichschütz war gern im Wirtshaus. Sehr gern sogar. Auf seinem Grabstein steht: „Die meiste Zeit seines Lebens verbrachte er in einer Kneipe.“ Als der Kölner im Jahr 1874 starb, war er 52 Jahre alt. „Sein Geld hatte er komplett versoffen“, sagt Stadtführerin Sieglinde Latz bei einer Führung über den Kölner Melaten-Friedhof. Für einen anständigen Grabstein hat es nicht gereicht, der Wirt des Gasthauses stiftete deshalb einen eisernen Bollerofen, der noch heute anstelle eines Grabsteins an August Broichschütz erinnert.

Der Melaten-Friedhof, Zentralfriedhof von Köln, ist mehr als 200 Jahre alt, mehr als 55.000 Gräber gibt es in der riesigen Parkanlage an der Aachener Straße. 1811 wurde er als katholischer Friedhof eingeweiht. Im Mittelalter war ein Heim für Leprakranke auf dem Gelände, das damals noch außerhalb der Stadt lag. Die Kranken durften nur an bestimmten Tagen in die Stadt, um Almosen zu sammeln. „Sie mussten sich dazu komplett verhüllen und mit einer Klapper auf sich aufmerksam machen“, erzählt Stadtführerin Latz. Die Kölner beeilten sich dann, in ihren Häusern zu verschwinden, um sich nicht anzustecken. Ihre Spenden hatten sie vorher an die Straße gelegt.

Ende Oktober 1944 richteten zwei britische Fliegerbomben große Schäden auf Melaten an. Tragischerweise war genau zu diesem Zeitpunkt eine Hochzeitsgesellschaft mit mehr als 100 Leuten in einer kleinen Kapelle auf dem Friedhof – niemand überlebte.

„Audienz beim Mäusekönig“

Von der Friedhofskapelle verläuft heute nach Westen die Mittelachse des Friedhofs, abgekürzt mit MA. Die Kölner haben „Millionenallee“ daraus gemacht, weil hier die größten Gruften und protzigsten Grabsteine sind. Hier sind Bankiers, Fabrikanten und Prominente begraben.

Etwas abseits liegt hier das Familiengrab von Willy Millowitsch, der 1999 starb. Wie eine Bühne sieht der helle Grabstein aus, auf dem nur der Nachname des Volksschauspielers steht. Sehr viel kleiner sind die Gräber der Schauspieler Gunther Philipp (er soll in einem Ferrari-roten Sarg bestattet worden sein), Gisela Uhlen und René Deltgen („Der Hexer“). Eine rosarote Bank steht neben dem Grab des Schauspielers Dirk Bach. Seine Freundin und Kollegin Hella von Sinnen hat sie gestiftet, auf einer goldenen Plakette steht: „Audienz beim Mäusekönig.“

An einem anderen Familiengrab wacht ein Sensenmann aus Sandstein. Das Skelett ist in einen Mantel gehüllt und hält eine Sanduhr in der rechten Hand. In der linken steckt eine Sense, die im Laufe der Jahre immer wieder gestohlen und ersetzt wurde durch die unterschiedlichsten Dinge: Mal stand der Sensenmann da mit einer FC-Fahne, mal mit einem Regenschirm oder einem Besen. Doch damit ist Schluss, seit ein Steinmetz das Grab gepachtet hat. Er steckte dem Gerippe eine neue Sense in die Hand und hängte ein Gewicht dran. „Um sie rauszuziehen, müsste man dem Sensenmann die knochigen Finger brechen – und das wagt wohl keiner“, sagt Latz.

Ältestes Grab von 1811

Paten müssen für den Erhalt der alten Gräber sorgen und bekommen dafür ein Nutzungsrecht. Im Falle der Steinmetzfamilie musste der elfjährige Sohn zuerst beerdigt werden, der 1992 bei einem Unfall starb. Auf einem Stein, der vor dem Sensenmann liegt, sitzt seitdem ein Frosch, weil der Junge den Spitznamen „Fröschlein“ hatte.

Es sind ebenfalls zwei Kinder, die im ältesten Grab auf dem Melaten-Friedhof liegen. Louis und sein Bruder Adolphe starben 1811 an Scharlach, der eine zwei, der andere zwölf Jahre alt. „Die hochbetrübten Eltern setzen ihren Kindern dieses Denkmal des Schmerzes und der Liebe“ steht kaum noch lesbar auf dem Grabstein.

Ein Karnevalist, der sich selbst nie als Widerstandskämpfer betrachtete, aber einer war, ist ganz in der Nähe von Willy Millowitsch begraben: Karl Küpper machte sich im Dritten Reich offen über die Nationalsozialisten lustig. Wenn er als Büttenredner auf die Bühne kam, hob er den Arm wie zum Hitlergruß, fragte aber: „Es et am rähne?“ (Regnet es?) oder sagte: „So huh litt bei uns dr Dreck em Keller!“ (So hoch liegt bei uns der Dreck im Keller). 1939 bekam er ein Redeverbot. Später betrieb er die Kneipe „Küppers Karl“ in Köln-Kalk. Die Kölner Karnevalsgesellschaften dankten ihm nach seinem Tod mit einem Gedenkstein, der nun auf seinem Grab liegt.

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