Redoute in Bad Godesberg Klaus: Alle Staaten sollten den Euroraum verlassen

BONN · Er war Finanzminister und Ministerpräsident, Chef des Parlaments und schließlich zehn Jahre lang Staatspräsident - Vaclav Klaus war nach dem Ende des Kommunismus 1989 sicherlich derjenige Politiker in der Tschechoslowakei und später in Tschechien mit dem größten Einfluss auf die politische Führung seines Landes.

 Ex-Präsident und Präsidentin: Vaclav Klaus und Alexandra Gräfin Lambsdorff in der Redoute.

Ex-Präsident und Präsidentin: Vaclav Klaus und Alexandra Gräfin Lambsdorff in der Redoute.

Foto: Ronald Friese

Erst im März endete seine Amtszeit als Staatschef. Weil er stets ein Verfechter einer radikalen Marktwirtschaft war und zuweilen einen autoritären Führungsstil pflegte, polarisierte er aber auch. Doch selbst nach dem Ende seiner politischen Karriere bleibt sich der inzwischen 72-Jährige treu, wie gestern Abend vor rund 250 Besuchern im Internationalen Club La Redoute in Bad Godesberg zu beobachten war.

Clubpräsidentin Alexandra Gräfin Lambsdorff hatte vor der Veranstaltung dem GA noch gesagt, sie wolle "nicht nur Gäste mit konformen Meinungen" begrüßen. Ein solcher Gast war Klaus ganz und gar nicht. So sprach er sich dafür aus, dass alle Staaten der Eurozone die gemeinsame Währung verlassen sollten. "Das kann man ohne Schwierigkeiten", sagte Klaus in sehr gutem Deutsch. Er sei Experte in Währungsfragen, schließlich habe er als Finanzminister 1992/93 die Krone in eine Tschechische und eine Slowakische geteilt.

Zu dieser Zeit sei er als Tscheche sogar der beliebteste Politiker in der Slowakei gewesen. Doch er glaube nicht, dass die europäischen Politiker einsichtig sind. "Der Kommunismus dauerte ja auch 70 Jahre. Da wird der Euro bestimmt 30 Jahre bestehen." Ohne den Euro könnten sich die einzelnen Volkswirtschaften besser entwickeln, meinte Euro-Skeptiker Klaus. Zum Beispiel die südeuropäischen Länder. "Wenn Griechenland in der Eurozone bleibt, ist das tragisch für Griechenland, aber irrelevant für Deutschland." Der europäische Wirtschaftsraum sei bei der Euro-Einführung nicht homogen genug gewesen.

Er forderte radikale Wirtschaftsreformen für Europa. Die soziale Marktwirtschaft von heute habe mit dem, was Ludwig Erhard gemacht habe, nichts mehr zu tun. "Ich hätte vor 24 Jahren nicht gedacht, dass es noch einmal so viel Sozialismus und Kollektivismus in Europa geben würde." Er befürchte, dass die Wirtschaft weiter stagniere, der Liberalismus verloren gehe, populistische Kräfte die Oberhand gewinnen würden und dadurch die Demokratie Schaden nähme. Ein Raunen des Publikums begleitete viele solcher Äußerungen.

Den Regierenden warf Klaus vor, ohne Mut, Überzeugungen und Entschlossenheit zu agieren. Dass sowohl die Sozialdemokraten in Deutschland als auch die in Tschechien Mitgliederbefragungen über Koalitionen durchführen wollten, zeuge von kraftlosen Politikern, die nicht fähig seien, eigene Entscheidungen durchzusetzen.

Als weiterhin sehr bedeutsam stufte Klaus ein, dass er als Ministerpräsident zur "freundlichen Trennung" von Tschechen und Slowaken beitragen konnte. Er sei zwar lange dagegen gewesen, "doch die Slowaken wollten selbstständig sei, da gab es keine Alternative". Insofern sei die friedliche Trennung "eine rationale, vernünftige Lösung der Situation" gewesen. Mit Stolz verwies er darauf, dass sich das Ausland dabei nicht eingemischt hatte - anders als im früheren Jugoslawien. Erst dadurch sei es dort zu der Tragödie gekommen. Eine Meinung, der sich auch nicht alle im Saal anschließen konnten, war doch da und dort ein Stirnrunzeln zu erkennen.

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