Sturmangriff auf Straßensperren Kiew geht in der Region Donezk aktiv gegen prorussische Rebellen vor

SLAWJANSK · Die ukrainische Regierung wird jetzt in der Rebellenregion Donezk militärisch aktiv. Am Donnerstag haben Regierungstruppen mehrere Straßensperren an den Ortseingängen der ostukrainischen Stadt Slawjansk gestürmt.

 Ukrainische Soldaten stürmen bei Slawjansk eine von prorussischen Aktivisten errichtete Straßensperre.

Ukrainische Soldaten stürmen bei Slawjansk eine von prorussischen Aktivisten errichtete Straßensperre.

Foto: dpa

Nach einer Presseerklärung des Innenministeriums in Kiew vertrieben von Schützenpanzern unterstützte Soldaten die prorussischen Freischärler von drei der fünf Barrikaden aus Sandsäcken und Autoreifen, mit denen die Separatisten die Zufahrten zu der 110 000-Seelenstadt im Norden der Region Donezk verbarrikadiert hatten. Dabei seien fünf prorussische Aktivisten getötet worden, ein ukrainischer Soldat habe Verletzungen erlitten.

Artjom Schoga, ein prorussischer Geschäftsmann aus Slawjansk, bestätigte die Kämpfe gegenüber unserer Zeitung. Laut Schoga herrschte gestern aber im Stadtzentrum, wo schwerbewaffnete Separatisten die Polizeihauptwache, das Rathaus und die Geheimdienstzentrale besetzt haben, Ruhe. Wie viel Tote es tatsächlich gegeben habe, sei ungewiss.

In dem nahe gelegenen Vorort Chrestischtsche gab es auch tagsüber Schießereien, so Stella Choroschewaja, die Pressesprecherin der separatistischen Volkswehr von Slawjansk. Wie das Kiewer Nachrichtenportal Ukrainskaja Prawda unter Berufung auf das Verteidigungsministerium mitteilte, wurden über der Stadt Flugblätter abgeworfen, die die Bevölkerung aufriefen, ruhig zu bleiben und ihre Häuser wenn möglich nicht zu verlassen.

Wjatscheslaw Ponomarjow, der "Volksbürgermeister" von Slawjansk, erklärte laut dem lokalen Internetportal Slavgorod, seine Freischärler seien verteidigungsbereit, außer mit Schusswaffen auch mit Minenwerfern und Artillerie ausgerüstet. "Außerdem haben wir noch ein kleines Geheimnis, eine Art Überraschung". Nach Aussagen von Einwohnern verschanzten sich Scharfschützen der Separatisten auch in Wohn- und Industriegebäuden, um mögliche Angreifer ins Kreuzfeuer zu nehmen.

Die ukrainische Nachrichtenagentur Unian meldete gestern, die Sicherheitskräfte hätten eine der Straßensperren wieder geräumt. Slawjansk gilt als Dreh- und Angelpunkt der prorussischen Rebellion im Donezker Gebiet. Nach Ansicht des ukrainischen Militärexperten Dmitri Tymtschuk müssen die Regierungsstreitkräfte die Stadt vollständig blockieren, um die Kontrolle über die Region zurückzugewinnen.

Russlands Präsident Wladimir Putin reagierte unwirsch auf das Vorgehen der Regierung in Kiew. "Das ist ein sehr ernsthaftes Verbrechen gegen das eigene Volk", sagte er laut der Agentur Itar Tass auf einem Medienforum in Moskau. "Diese Strafoperation wird Folgen für die Leute haben, die sie beschlossen haben, auch für die internationalen Beziehungen."

Der kremlnahe Politologe Sergei Markow sagte unserer Zeitung, er erwarte, dass Russland die Separatisten nun zuerst mit Waffen unterstützen werden. "Die heutige Ukraine ist kein souveräner Staat mehr, sondern eine 100-prozentige Marionette der USA." Er erwarte, dass Russland die Separatisten nun mit Waffenlieferungen unterstützen werde. Laut der Nachrichtenagentur Interfax starteten gestern mehrere russische Bataillone Manöver an der ukrainischen Grenze.

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