Neues Jagdrecht Katzen sollen für Jäger bald tabu sein

BONN · Nur wenige Tage, bevor NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) seine Reformpläne fürs Jagdrecht vorstellen will, ist eine intensive Debatte um die Abschusserlaubnis für Katzen entbrannt, die Jäger derzeit noch besitzen.

"Wir erwarten, dass der Referentenentwurf das Tötungsrecht abschafft", blickt Martin-Sebastian Abel, tierschutzpolitischer Sprecher der Grünen, auf den Inhalt der Novelle voraus. Doch genau an diesem kontroversen Punkt halten die Jäger fest. "Wer nicht den Schneid hat, das Katzenproblem in unserer Natur offensiv anzugehen, macht sich schuldig am Artensterben", donnert Ralph Müller-Schallenberg. Angst vor einem hässlichen Streit mit Tierliebhabern hat der Vorsitzende des Landesjagdverbandes NRW (LJV) nicht - im Gegenteil: "Wir fordern die gesellschaftliche Diskussion geradezu."

Über 10.000 Katzen - Freigänger und verwilderte Hauskatzen - haben Jäger in der vergangenen Saison in NRW erschossen. Die Grundlage für das Tötungsrecht ist simpel: Trifft ein Jäger 200 Meter entfernt von der nächsten Bebauung auf eine Samtpfote, darf er sie unter Wilderungsverdacht erschießen.

Den gibt es scheinbar oft: Sechs Millionen Singvögel und eine Million Kaninchen reißen Katzen sich Schätzungen zufolge jedes Jahr unter die Krallen. "Exakt wissen wir es nicht, denn was verspeist ist, ist ja nicht mehr da", räumt LJV-Sprecher Andreas Schneider ein. Doch selbst Naturschützer machen Katzen dafür verantwortlich, dass sich in manchen Regionen die Zahl von Staren und Sperlingen halbiert hat.

In einem Positionspapier erhöht der LJV jetzt im Schulterschluss mit neun anderen Verbänden und insgesamt 500.000 Mitgliedern noch einmal den Druck auf das Umweltministerium. "Kein Jäger will Katzen schießen, aber wir sehen den Schaden, den sie in der Natur anrichten", verteidigt Hermann Wolff, Geschäftsführer des Verbandes der Berufsjäger, die Solidarität mit dem LJV. Es ist, zynisch formuliert, nicht Kerngeschäft der Jäger, Haustiere ins Fadenkreuz zu nehmen.

"In den Kochtopf stecken kann man sie ja auch nicht", unkt ein Grünrock. Ein salopper Scherz, doch die Botschaft ist klar. "Wir müssen leider ein Problem lösen, das die Gesellschaft verursacht hat", so Wolff. Wenn der Tierschutz allen Tieren gerecht werden soll, so der Berufsjäger, dürfte es nur noch Stubenkatzen ohne Freigang geben. Wolff weiß auch: Kaum stellt er diese Forderung in den Raum, kann er schon hören, wie Katzenfreunde aufheulen.

"Die Politik muss endlich Ernst machen mit der Einführung von Kastrations-, Chip- und Registrierungspflicht für Katzen", will LJV-Chef Müller-Schallenberg Tierbesitzer in die Pflicht nehmen. "In den meisten Haushalten läuft es doch so: Morgens wird die Katze rausgelassen und dann ist es den Besitzern egal, was sie tagsüber macht", kritisiert er. Diese Praxis sei verantwortungslos gegenüber Wildtieren: "Mit meinem Jagdhund dürfte ich so ja auch nicht verfahren."

Nur mit der Kastrations- und Registrierungspflicht könne man, sofern sie den gewünschten Erfolg bringen und die Population verwilderter Katzen senken, darüber nachdenken, das Tötungsrecht langfristig ganz abzuschaffen. "Auch über eine Katzensteuer sollte diskutiert werden", fügt der der Vorsitzende des Landesjagdverbandes hinzu. Kompromissbereit gibt er sich allein beim Abschussradius: Statt 200 Meter Entfernung zum Haus könne er sich auch 300 Meter vorstellen, in denen Katzen sicher vor der Flinte sein dürfen.

Zweieinhalb Jahre lang haben Jäger und landespolitische Experten in Arbeitskreisen um den Inhalt der Jagdrechtsnovelle gerungen. "Es ist vermintes Terrain", sagt Martin-Sebastian Abel von den Grünen. "Hoch-emotional für Nicht-Jäger", sagen die Jäger.

Dass das Tötungsrecht diese Woche fallen könnte, lässt den Streit erneut aufkochen. Dabei leugnet Abel nicht, dass es zu viele Hauskatzen in Wäldern gibt. Auch gegen kommunale Kastrationserlasse, wie sie in vielen NRW-Gemeinden bereits praktiziert werden, oder die Registrierungs- und Chip-Pflicht hat er keine Einwände. "Das große Katzenproblem, das die Jäger sehen, kann ich allerdings nicht erkennen", betont er. Die Replik lässt da nicht lange auf sich warten. "Ich spreche Herrn Abel jede ökologische Kompetenz ab", gibt Schneider von den NRW-Jägern zurück. Halali.

Die Grünen kreiden es den Verfechtern des Katzenabschusses an, dass sie Alternativen nicht praktizieren oder bewerben würden. "Wir haben jede Initiative, die vom Tötungsrecht absieht, schmerzlich vermisst", resümiert Abel. Ein Vorwurf, den die Jäger nicht auf sich sitzen lassen. "Ich kenne Jäger am Niederrhein", kontert etwa Wolff, "die von Tierheimen genervt empfangen wurden, wenn sie zum dritten Mal in Lebendfallen festgesetzte Stubentiger abgegeben haben. Viele Heime arbeiten ja jetzt schon am Limit."

Mitte 2015 muss das fertige Gesetz nach zwei Runden durchs Kabinett und Expertenanhörungen verabschiedet sein. Bis dahin wird der Kampf um Deutschlands ungelöstes Katzenproblem mit aller Vehemenz ausgefochten. Die Jäger drohen bereits mit Verfassungsklage, sollte die Novelle nicht in ihrem Sinne ausfallen.

In der Zwischenzeit machen sie sich an Taktiken, die niedlichen Taschentiger öffentlichkeitswirksam als Serienkiller zu entlarven. Auf der Webseite des LJV posten Jäger etwa Bilder blutiger Kleintiere, die Katzen zum Opfer gefallen sind. Ihr Feldzug gegen die Lieblinge der Nation wird allerdings kein leichter sein. "Wildtiere haben keinen Anwalt", seufzt LJV-Sprecher Schneider. Der Kampf der Jäger geht diese Woche in die nächste Runde.

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