Attentat in Sankt Petersburg Der Kampfsportler mit Feuerlöscher

Moskau · Ein junger Kirgise gilt als Selbstmordattentäter des Petersburger Terroranschlags. Insgesamt gibt es nur wenig Gewissheiten.

Die Zahl der Toten erhöhte sich bis gestern auf 14, nach Angaben des Gesundheitsministeriums erlagen drei Menschen im Krankenhaus ihren Verletzungen. Über die Täter und ihre möglichen Komplizen aber kursieren verschiedene Versionen.

Nach Angaben des russischen Ermittlungskomitees hat ein Mann den Sprengsatz gezündet habe, dessen Körperteile in dem zerstören U-Bahn-Waggon gefunden wurden. Seine Identität wurde Dienstagnachmittag von den Ermittlern bekanntgegeben. Es handelt sich um Akbarschon Dschalilow, 22, der aus Kirgistan stammt und Verbindungen zum terroristischen Islamischen Staat (IS) gehabt haben soll.

Ein Nachrichtenportal berichtet, Dschalilow habe schon sechs Jahre in Petersburg gelebt und besaß bereits die russische Staatsbürgerschaft. Laut der Zeitung Moskowski Komsomoljez war er begeisterter Kampfsportler, arbeitete früher als Koch in einer Sushi-Bar, verschwand aber vor drei Jahren, vielleicht in ein Ausbildungslager der IS.

Noch ist unklar, ob Dschalilow sich selbst in die Luft gejagt hat, oder ob die Höllenmaschine in seinem Rucksack durch einen Telefonanruf in Gang gesetzt wurde. Der Kommersant schreibt, die russischen Sicherheitsorgane hätten von den Terrorplänen gewusst. Die zweite Bombe in der Metro-Station Ploschad Wostojanie sei nicht detoniert, weil nach der ersten Explosion eine Liste verdächtiger Smartphones gesperrt wurde.

Nach Angaben des kirgisischen Staatssicherheitsdienstes GKNP kämpfen in den Reihen des IS etwa 2000 Kirgisen. Aber die meisten Fachleute bezweifeln, eine kirgisische Landsmannschaft habe den Terrorakt organisiert. „Es gibt offenbar auch in Russland inzwischen eine terroristische Internationale“, sagt der Mittelasienexperte Juri Solosobow unserer Zeitung, „mit ideologischer Vorbereitung im Internet, schlafenden Zellen und parallelen Täterketten. Das Leben der zentralasiatischen Gastarbeiter spielt sich in Russland zum Großteil in einem halbkriminellen Graubereich ab, viele leben schon in der zweiten Generation hier und sind inzwischen bereit, ihre Identität mit Gewalt zu demonstrieren.“ Es gebe offenbar Dispatcher des Terrors, sie hätten diese Tat auch akribisch getimt: „Putin war in der Stadt, in seiner Heimatstadt, die Tat zielt auch auf seine Autorität als Führer. “

Noch laufen die Ermittlungen. Unter Berufung auf eine Geheimdienstquelle berichtet die Agentur Rosbalt, in der vergangenen Woche hätten Führer diverser nordkaukasischer Islamistengruppen vor allem im türkischen Exil sehr heftig kommuniziert. Aber auch eine Täterschaft extremer russischer Nationalisten sei möglich. Die nicht explodierte Bombe an der Metrostation Ploschad Wostanija sei mit zähflüssigem TNT gefüllt gewesen.

Diesen Sprengstoff verwende ein bisher nicht gefasster Bombenbastler mit Vorliebe, der der ultrarechten Petersburger Terrorgruppe „Nationalsozialistische Gemeinschaft“ angehöre. Sie wiederum hätte gute Verbindungen zu ukrainischen Radikalen, die sich ebenfalls beteiligt haben könnten.

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