Israel boykottiert UN-Menschenrechtsrat

Genf · Israel hat als erstes UN-Mitglied eine Überprüfung der Menschenrechtssituation auf seinem Staatsgebiet durch das zuständige Gremium der Vereinten Nationen boykottiert.

 Der Ausbau jüdischer Siedlungen in Jerusalem gilt als eines der größten Probleme im Nahost-Friedensprozess. Foto: Jim Hollander/Archiv

Der Ausbau jüdischer Siedlungen in Jerusalem gilt als eines der größten Probleme im Nahost-Friedensprozess. Foto: Jim Hollander/Archiv

Foto: DPA

Vertreter Israels erschienen am Dienstag in Genf nicht zu einer dafür seit langem turnusmäßig angesetzten Sitzung des UN-Menschenrechtsrates. Dabei wäre vermutlich auch der Ausbau israelischer Siedlungen auf besetztem palästinensischem Territorium zur Sprache gekommen.

Der Ratspräsident, Polens UN-Botschafter Remigiusz Henczel, sprach von einer "beispiellosen Situation" in der Geschichte des UN-Gremiums. Der Rat nahm später im Konsens eine Resolution an, in der das israelische Verhalten "bedauert" wird. Zugleich wurde die Regierung in Tel Aviv gebeten, ihre ablehnende Haltung zu überdenken und noch in diesem Jahr dem Gremium Rede und Antwort zu stehen, spätestens im Herbst.

Der Ratspräsident wurde durch die Resolution aufgefordert, "alle erforderlichen Maßnahmen im Rahmen seines Mandats" zu ergreifen, um Israel zur Kooperation zu drängen. Der UN-Menschenrechtsrat hat allerdings keine Möglichkeiten, einen Staat zur Berichterstattung oder zum Erscheinen seiner Vertreter zu zwingen. "So etwas will hier auch absolut niemand, man hofft schlicht auf Einsicht", sagte ein westlicher Diplomat.

Vor dem Menschenrechtsrat müssen laut UN-Reglement alle 193 UN-Mitglieder in bestimmten Abständen Rechenschaft über die Menschenrechtslage auf ihrem Staatsgebiet abgeben. Dabei werden auch Stellungnahmen von Experten und Nichtregierungsorganisationen zur Kenntnis genommen. Auf der Basis der Berichte findet eine Befragung von Vertretern des jeweiligen Staates statt. Dazu waren für Dienstag Repräsentanten Israels eingeladen worden.

In diplomatischen Kreisen war der Boykott durch die israelische Regierung seit längerem erwartet worden. Bereits im Frühjahr 2012 hatte Israels damaliger Außenminister Avigdor Liebermann erklärt, sein Land werde den UN-Menschenrechtsrat boykottieren, weil das Gremium beabsichtige, die Siedlungspolitik Israels zu kontrollieren. Der UN-Menschenrechtsrat sei "parteiisch und nicht objektiv", erklärte er zur Begründung. Die Sitzungen des jeweils 47 UN-Staaten umfassenden Gremiums nannte Lieberman ein "absurdes Theater". Seit Januar ist auch Deutschland für drei Jahre Mitglied des UN-Menschenrechtsrates.

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