Illegale Fischerei Interpol startet globale Initiative gegen kriminelles Milliardengeschäft

BONN · Es ist ein Milliardengeschäft auf Kosten der Natur: Auf bis zu 23 Milliarden Dollar, so eine Studie aus dem Jahr 2009, belaufen sich die weltweiten Gewinne aus illegalem Fischfang. Anthony Long, Leiter des Projekt-Teams "Illegale Fischerei" des Pew Charitable Trust, einer gemeinnützigen US-Stiftung, schätzt, dass bis zu 20 Prozent des weltweiten Fangs illegal sind.

 Im Hafen von Rostock blockieren Greenpeace-Aktivisten einen Fischtrawler, um gegen die Überfischung zu protestieren.

Im Hafen von Rostock blockieren Greenpeace-Aktivisten einen Fischtrawler, um gegen die Überfischung zu protestieren.

Foto: dpa

Besonders schlimm ist die Situation vor den Küsten Westafrikas: Fischerei-Experten beziffern das Ausmaß der illegalen Fischerei hier auf bis zu 40 Prozent.

"Noch vor wenigen Jahren gab es in den Ozeanen Plätze, wo sich die Fische vor den unersättlichen industriellen Fangflotten verstecken konnten", sagte Josh Reichert, Leiter der Pew-Umweltinitiativen, vergangene Woche bei einer Interpol-Konferenz in Lyon. "Das ist vorbei. Heute erleben wir in vielen Teilen der Welt im Meer das, was an Land die Jagd auf den letzten Büffel war."

Dagegen will die internationale Polizei-Organisation Interpol jetzt vorgehen. Vergangene Woche startete sie in Lyon das Projekt Scale, eine globale Initiative, um illegalen Fischfang aufzudecken und zu bekämpfen. Finanziert wird das Projekt vom norwegischen Außenministerium, der norwegischen Entwicklungsagentur Norad und der Pew-Stiftung. "Wir werden das Netz um die Kriminellen werfen, die die natürlichen Ressourcen der Welt ausbeuten", sagte Interpol-Direktor Jean-Michel Louboutin.

Laut der Polizeiorganisationen geht es bei illegaler Fischerei um transnationales und organisiertes Verbrechen, das in Verbindung steht mit Korruption, Geldwäsche, Betrug, Menschen- und Drogenhandel. Das Projekt Scale soll nicht nur das Bewusstsein für Fischerei-Verbrechen schärfen, sondern auch internationale Operationen mit Blick auf die kriminellen Aktivitäten koordinieren sowie die Harmonisierung nationaler und regionaler Aktivitäten unterstützen. 300.000 Euro stehen Interpol für das neue Projekt jährlich zur Verfügung.

Rund 75 Prozent der Fischbestände in der EU sind schon heute überfischt, im Mittelmeer sind es 82 Prozent. Fisch ist vom billigen Eiweißlieferanten längst zur teuren Delikatesse geworden. Doch für die kriminellen Fischer zählt nur das Geld: Sie fischen außerhalb der Fangsaison, ohne Lizenz, nehmen keine Rücksicht auf Quoten, schrecken auch vor geschützten Arten nicht zurück.

"Arme Menschen, die in Küstenstaaten leben und deren Proteinversorgung zu einem großen Teil von dem Fisch, den sie fangen, abhängt, sind besonders betroffen", sagte Reichert bei der Vorstellung des Scale-Projektes. Dazu kommt: Solange illegal gefischt wird, ist der Kampf gegen die Überfischung nahezu aussichtslos, da der illegale Fang bei der Festsetzung von Quoten nicht berücksichtigt werden kann.

Das Projekt Scale ist nicht der einzige Versuch, die illegale Fischerei einzudämmen. Schon 2009 hat die Welternährungsorganisation das Abkommen über staatliche Hafenmaßnahmen zur Verhinderung von illegaler, nicht gemeldeter und unregulierter Fischerei verabschiedet. Das Abkommen sieht unter anderem vor, dass Schiffe auf illegale Aktivitäten überprüft werden und dass ihnen, wenn sie in illegalen Fischfang verwickelt sind, das Landungsrecht verweigert werden kann.

Bis heute haben nach Angaben des Pew-Trusts allerdings erst fünf Staaten das Abkommen ratifiziert. Damit es in Kraft treten kann, wären 25 Staaten erforderlich.

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