Interview mit Peter Limbourg Intendant will die Deutsche Welle an die Spitze der Auslandssender bringen

BONN · Vor zwei Wochen hat sich der Journalist Peter Limbourg (53) in Bonn und Berlin als neuer Intendant der Deutschen Welle vorgestellt. Über die Perspektiven des deutschen Auslandssenders und die Pläne für seine Intendanz sprach Limbourg im Interview.

Geboren in Bonn, viel im Ausland und in Berlin, jetzt Intendant der Deutschen Welle in Berlin und Bonn? Wie ist das, wie werden Sie das gestalten?
Peter Limbourg: Wir werden in Berlin und Bonn leben. Hauptwohnsitz bleibt Berlin. Aber in die eigene Geburtsstadt zu pendeln, wo Freunde und Verwandte leben: Idealer hätte man es nicht treffen können. In Bonn haben wir eine kleine Wohnung, im Musikerviertel.

Gutes Stichwort für das Beethovenfest, bei dem die Deutsche Welle Mitgesellschafter ist, und das geplante Beethoven-Festspielhaus. Haben Sie von Berlin aus die Diskussion verfolgt?
Limbourg: Ich bin als gebürtiger Bonner immer wieder in der Stadt. Ich finde, die Entwicklung Bonns kann sich sehen lassen. Alle Befürchtungen nach dem Regierungsumzug haben sich nicht bewahrheitet. Natürlich hat Bonn wie jede Stadt ihre Probleme und Baustellen: Was in Berlin der Flughafen ist, liegt in Bonn vor unserer Haustür, das WCCB. Was das Festspielhaus angeht: Ich werde den Teufel tun, mich jetzt dazu zu äußern.

Sie werden auch nicht als Sponsor einsteigen...
Limbourg: Wir haben andere Aufgaben. Bonn kann dankbar sein, dass es Beethoven hat und sollte das weiter pflegen. Ich würde mich freuen, wenn das Festival noch mehr Anziehungskraft bekäme als es ohnehin schon hat. Wir werden das Festival weiter begleiten.

Zur Deutschen Welle: Die Zahl der Auslandssender ist in den vergangenen Jahren enorm gewachsen. Welche Rolle kann die DW in diesem Konzert spielen?
Limbourg: Wir haben die Möglichkeit, als ehrlicher Mittler aufzutreten, frei von Interessen, die andere Auslandssender verfolgen. In unseren Zielmärkten werden wir schon jetzt als Marke wahrgenommen, die ohne Propaganda und verborgene Agenda sendet. Natürlich gibt es einen harten Wettbewerb um die Gunst der Zuschauer. Wir müssen uns anstrengen, noch weiter nach vorn zu kommen, das ist das erklärte Ziel.

Warum sollte jemand im Ausland die DW einschalten und nicht BBC oder Al Dschasira?
Limbourg: Deutschland ist zurzeit ein sehr nachgefragtes Land durch die Tatsache, dass wir wirtschaftlich sehr stark sind, die Diskussion im Euroraum prägen. Unsere Werte gebundene Außenpolitik macht uns für andere interessant. Das ist unsere Chance.

Der Etat ihres Zuwendungsgebers, des Bundesbeauftragten für Kultur und Medien (BKM) wächst stetig, doch der Anteil, den die DW bekommt, stagniert, sinkt sogar im Netto-Bereich, betrachtet man Inflation und Tariferhöhung. Fühlen Sie sich von der Politik genug gewürdigt und gefördert?
Limbourg: Persönlich fühle ich mich gut behandelt. Aber es wäre schön, wenn die Politik stärker erkennt, wie wichtig unsere Arbeit ist, wie hilfreich für Deutschland in einer Welt, die zunehmend globalisiert ist. Wir können Menschen erreichen, die die Politik nicht erreicht.

Was meinen Sie mit "wichtig"?
Limbourg: Ich denke, viele Menschen fragen sich weltweit: ?Was machen die Deutschen in der Euro-Krise?? ?Warum verfolgen sie diesen eher konservativen Sparansatz?? ?Warum denken sie da anders als die Briten oder Italiener?? Mit unserem Medium können wir die deutschen Positionen erklären. Wir können diese Hintergründe besser aufbereiten, als andere Medien das tun, die BBC, Al Dschasira oder Russia Today. Wir sind keine Werbeagentur der Bundesregierung. Wir können weltweit zeigen, welche Vor- und Nachteile unser gesellschaftliches System hat.

Ihr Vorgänger Erik Bettermann hat die große Koalition als die für die Deutsche Welle ideale politische Konstellation bewertet. Stimmt das, könnten ja wieder goldene Zeiten auf den Sender zukommen...
Limbourg: Wir nehmen jede Regierung, die kommt und arbeiten mit wem auch immer gut zusammen. Ausschlaggebend ist, dass sich alle bewegen. Die Politik muss den Wert der Deutschen Welle erkennen, und wir müssen unser Programm noch besser machen.

Die engere Kooperation mit ARD und ZDF könnte da helfen. Wie soll die mit Leben gefüllt werden?
Limbourg: Der Dialog darüber beginnt jetzt. Wir müssen uns klar werden, was wir haben wollen. Die Deutsche Welle ist ein Informationsprogramm - Information als weiter Begriff, inklusive Kultur und Lifestyle. Ich muss keine Quiz-Show in der DW haben, sie braucht auch nicht unbedingt fiktionale Programme. Aber: Eine Serie wie "Weissensee" oder der Mehrteiler "Unsere Mütter, unsere Väter" sind in der DW durchaus vorstellbar, weil sie viel über die deutsche Geschichte sagen.

Wird es denn auch DW-Formate und -Sendungen in der ARD oder im ZDF geben?
Limbourg: Wir bieten das an. Ich würde mich freuen, wenn das Angebot noch mehr angenommen würde. Punktuell ist es schon der Fall.

Ein Blick in die Zukunft: Wird es Radio und TV in zehn oder zwanzig Jahren in der traditionellen Form immer noch geben? Oder ist vorstellbar, dann ganz auf das Internet zu setzen?
Limbourg: Ich trenne nicht, das ist für mich eine Welt. Letztlich haben wir ein Produkt, das wir über verschiedenste Wege an die Menschen bringen wollen. Da gilt der pragmatische Ansatz: Was ist der beste, der schnellste Weg? Das wird teilweise das lineare Fernsehprogramm sein, teilweise das Internet. Im mobilen Endgerät verschmelzen die Wege.

Eine pragmatische Frage: Die DW ist ein Sender mit zwei Standorten in Bonn und Berlin, wobei die ursprüngliche inhaltliche Teilung in TV (Berlin) und Hörfunk (Bonn) nicht mehr existiert. Ist das sinnvoll oder nur der politischen Arithmetik geschuldet?
Limbourg: Wie wir die Aufteilung gestalten, schreibt uns keiner vor. Die beiden Standorte sind gegeben, sie stehen im Deutsche-Welle-Gesetz. Das ist so.

Wird es am Ende ihrer Intendanz weiterhin zwei Standorte geben?
Limbourg: Sie sehen auf meinem Tisch keine Glaskugel. Wir produzieren weiter an zwei Standorten. Sollte sich etwas ändern, ist es die Entscheidung des Deutschen Bundestages, nicht meine Entscheidung.

Was Sie entscheiden können, sind die Akzente, die Sie als Neuer in der DW setzen werden.
Limbourg: Ich möchte die Deutsche Welle in die Spitzengruppe der Auslandssender bringen. Wir haben die Möglichkeiten dazu.

Wie können Sie messen, dass Sie in der Spitzengruppe angekommen sind?
Limbourg: Man kann die Reichweite bestimmen. Fast noch wichtiger ist die Resonanz bei den globalen Entscheidern. Wenn die sich für die Meinung der DW interessieren, haben wir eines unserer Ziele erreicht.

Große Resonanz hat die Deutsche Welle mit dem Global Media Forum in Bonn erreicht. Wird das Format fortgesetzt?
Limbourg: Das Forum wird es weiter geben, aber es muss hier und da optimiert werden. Vielleicht muss man sich mehr konzentrieren. Es ist ein tolles Forum, birgt große Chancen für die Deutsche Welle und Bonn.

Zur Person

Peter Limbourg wurde 1960 in Bonn als Sohn eines Diplomaten geboren, wuchs in Rom, Paris, Athen und Brüssel auf. Limbourg studierte in Bonn Jura, volontierte dann bei der Deutschen Fernsehnachrichten Agentur. Über Sat.1 und ProSieben kam er zum Nachrichtensender N24, wo er Chefredakteur wurde.

2008 wurde er zum Hauptmoderator der Sat.1 Nachrichten berufen. Von 2010 bis Anfang dieses Jahres war er Informationsdirektor von ProSiebenSat.1. Im März berief ihn der Rundfunkrat zum Intendanten der Deutschen Welle. Peter Limbourg ist verheiratet und hat drei Kinder.

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