Spenden an die Werte-Union In der Grauzone der Parteienfinanzierung

Berlin · Die Werte-Union unterstützt die Interessen konservativer Kreise der CDU/CSU. Eine offizielle Parteigliederung ist sie aber nicht. In Bezug auf Spenden könnte dies trotzdem zum Problem werden.

Formal scheint auf den ersten Blick alles in Ordnung zu sein. Da haben Parteimitglieder einen eingetragenen Verein gegründet, den sie mit Mitgliedsbeiträgen und Spenden finanzieren. Sie dürfen das natürlich. Denn die Vereinsfreiheit gibt es auch für Bürger mit Parteibuch. Sie könnten nebenher die Interessen von Kaninchenzüchtern, Brieftaubenliebhabern oder Chorsängern verfolgen. 2500 Mitglieder verfolgen als Werte-Union nun die Interessen der Konservativen in CDU und CSU. Und da wird es auf den zweiten Blick etwas heikel.

Denn die Mittelstandsvereinigung (MIT) verfolgt die Interessen der Mittelständler in der CDU, die Junge Union (JU) die der Jungen, die Frauen-Union (FU) die der Frauen, die Senioren-Union die der Senioren, die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft (CDA) die der Arbeitnehmer – und gemeinsam ist ihnen und drei weiteren Vereinigungen, dass ihre Mitgliedsbeiträge und Spenden über die Bücher der CDU laufen, damit bei der Berechnung der Parteienfinanzierung alles seine Ordnung hat. Die Werte-Union behält Beiträge und Spenden selbst; CDU und CSU wissen nicht mal, wie viele das sind.

Werte-Union-Bundesvorsitzender Alexander Mitsch beziffert die aktuelle Mitgliedschaft auf 2500 Köpfe. Rund 80 Prozent seien Mitglieder von CDU oder CSU, weitere zehn Prozent Mitglieder von Vereinigungen wie JU oder MIT. Die restlichen rund zehn Prozent bestünden aus parteilosen Fördermitgliedern ohne Stimmrecht. Auch das Spendenaufkommen steige kontinuierlich an. Mehr Personen spendeten höhere Beträge als im letzten Jahr. „Mehrere tausend Euro pro Spende sind mittlerweile keine Seltenheit mehr“, berichtet Mitsch erfreut.

Für die Werte-Union ist das kein Problem. Denn sie ist ja keine von der Partei in der Satzung anerkannte Vereinigung. Das ist auch der Wirtschaftsrat der CDU nicht, der ebenfalls über eine eigene Kasse verfügt und von seinen Mitgliedern teils üppige Beiträge erwartet. Je nach Größe des Unternehmens können das fünfstellige Summen im Jahr sein. Aber der Wirtschaftsrat achtet streng darauf, die CDU nicht zu unterstützen. Bei seinen Veranstaltungen sind nicht nur Parteimitglieder, und die Besucher werden bisweilen sogar mit den Worten begrüßt „was auch immer Sie wählen“.

Beim Wirtschaftsrat der CDU geht es laut Satzung um „Berufs- und Standesinteresse“ der Unternehmer, um die „Förderung von Maßnahmen zur Unterstützung des freiheitlichen, sozialverpflichteten Unternehmertums“. Dabei wollen die Mitglieder durchaus mit Parlamenten, Behörden, Verbänden und sonstigen Institutionen zusammenarbeiten. Nur eines fehlt: der Bezug zur CDU. Außer im Namen.

Das ist bei der Werte-Union anders. Ihre stimmberechtigten Mitglieder sind in der CDU und in der CSU, und sie werben auch damit, Einfluss auf ihre Parteien zu nehmen. Sie hätten sich zum Beispiel „am Bundesparteitag der CDU mit Anträgen sowie am Werkstattgespräch zur Einwanderung beteiligt“, heißt es auf ihrer Homepage.

Was sagen die Experten? Zu den renommiertesten Parteienrechtlern gehört Prof. Martin Morlock aus Düsseldorf. Für ihn ist der entscheidende Umstand, dass die Werte-Union keine offizielle Gliederung der Partei darstellt. Bislang hat die CDU eine Satzungsänderung und Aufnahme der Werte-Union als Vereinigung der Partei abgelehnt. Allerdings sollte das nach Einschätzung von Morlock auch deutlicher in Erscheinung treten: „Die CDU wird sich überlegen müssen, ob sie die Selbstdarstellung der Werte-Union als Flügel der CDU weiter duldet“, rät Morlock. Eines ist für ihn jedenfalls klar: Sobald die Werte-Union eigenes Spendengeld für den Wahlkampf der CDU einsetzt, stellt das auch eine Spende an die CDU dar, die bei dieser „rechenschaftspflichtig“ werde.

Doch wo fängt Wahlwerbung an? Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat in einem Gutachtern zur indirekten Parteienfinanzierung herausgearbeitet, dass etwa die Partei Einfluss auf die von anderen durchgeführten Veranstaltungen haben muss. Allerdings gebe es auch Stimmen, die den Fall schon für gegeben ansehen, wenn Parteimitglieder dahinter stünden. Das trifft auf die Werte-Union zu. Zudem gibt sie als Ziel ihres Wirkens aus, dass CDU und CSU bei Wahlen besser abschneiden. In der Wissenschaft werden Aktionen der Werte-Union bereits als „spannende Frage“ angesehen. Und auch Experten des Bundestages haben angefangen, genauer hinzuschauen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort