Kommentar zu Großbritannien/EU Hintertürchen

Meinung · Das ist kein Katalog der Grausamkeiten. Die Gefahren des Papiers, das EU-Ratspräsident Donald Tusk nun als Grundlage für die Verhandlungen mit Großbritannien für eine Reform der Union präsentiert hat, liegt in seiner Unscheinbarkeit.

 Flüchtlinge in einem Schlauchboot erreichen Lesbos.

Flüchtlinge in einem Schlauchboot erreichen Lesbos.

Foto: dpa

Mehr Wettbewerbsfähigkeit – klar. Ein bisschen mehr Verantwortung für die nationalen Parlamente – wer wollte das nicht? Und London darf sein Pfund behalten – daran hat man sich doch schon gewöhnt. Die Risiken dieses Vorschlages liegen nicht nur in den Details, die noch nicht ausgearbeitet wurden, sondern mehr noch in den Hintertüren, die den Mitgliedstaaten geöffnet werden. De facto verabschiedet sich Europa von dem Ziel, nicht nur ein Binnenmarkt zu sein, sondern auch eine gemeinsame Währung zu haben.

Der bisher noch nicht gebannte Vorstoß des britischen Premiers, mit einem Veto Beschlüsse des Euro-Raums torpedieren zu können, bedeutet nicht weniger als ein Mitregieren von außen. Und die neuen Freiheiten für Eingriffe in die Sozialleistungen für EU-Zuwanderer sind derart subjektiv, dass das System am Ende eben doch ausgehebelt werden kann. Wenn das, was bisher auf dem Papier steht, mit dem zusammenkommt, was jeder für sich da interpretieren darf, ist die EU am Ende nicht mehr die Union, die sie immer sein wollte.

Man braucht nicht viel Fantasie dazu, um sich vorzustellen, dass diese Kompromisse zu vielen Mitgliedstaaten entgegenkommen. Polens neue nationalkonservative Regierung hat bereits angekündigt, ähnliche Rechte für sich einzufordern, wie sie nun London zugestanden werden sollen.

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