Vorwahlen in den USA Hillary Clinton wird den Giftschrank öffnen

Washington · Worauf sich der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump jetzt gefasst machen muss: Fragen und Antworten.

Die Demokratin Hillary Clinton liegt in den Umfragen landesweit zehn Prozentpunke vor dem Republikaner Donald Trump.

Die Demokratin Hillary Clinton liegt in den Umfragen landesweit zehn Prozentpunke vor dem Republikaner Donald Trump.

Foto: dpa

Nach dem Rückzug seiner letzten Widersacher Ted Cruz und John Kasich ist Donald Trump das republikanische Präsidentschaftsticket nicht mehr zu nehmen. Sein Sieg bei den Vorwahlen in Indiana hat die Lage geklärt. Er geht als einziger Kandidat in den Nominierungsparteitag im Juli. Damit ist das Duell Trump gegen Hillary Clinton (Demokraten) so gut wie besiegelt. Der politische Außenseiter tönt, er werde die „totale Unfähigkeit“ der früheren First Lady und Außenministerin „beweisen“ und sie vernichtend schlagen. Ein gewagtes Versprechen. Ab sofort steht der 69-Jährige, der seit Monaten das Land mit radikalen Forderungen spaltet, unter verschärfter Beobachtung. Bis zum 8. November müsste Trump sein großes Manko ausgleichen: Er ist bei zwei Dritteln der Wähler so unbeliebt wie kein Präsidentschaftskandidat vor ihm.

Wie ist die Gemengelage?

Im Mittel liegt Clinton landesweit in den Umfragen zehn Prozentpunkte vor Trump. In einzelnen Gruppen – Latinos, Frauen, Schwarze, junge Wähler, überdurchschnittlich Gebildete – ist der Abstand noch erheblich größer. Liberale und parteipolitisch unabhängige Wähler lehnen den 69-Jährigen völlig ab.

Könnte Trump Clinton trotzdem schlagen?

Ja. Wenn es Trump gelänge, wie in den Vorwahlen Millionen frustrierter Wähler auch im November mit seinen populistischen Versprechungen an die Urnen zu locken, die sich dem demokratischen Prozess bisher entzogen haben, könnte es reichen. Sein Pfund: 60 Prozent der Amerikaner halten Hillary Clinton für unehrlich.

Was wird Trump tun?

Er wird eine Schlammschlacht lostreten, die durch die sozialen Netzwerke (Trump hat derzeit bei Twitter mehr als sieben Millionen Wegbegleiter) noch massiv verstärkt wird. Clintons Biografie als Galionsfigur des für viele Menschen als korrupt geltenden Washingtoner Establishments wird dabei im Mittelpunkt stehen. Trump wird vermutlich vor nichts zurückschrecken. Auch nicht davor, Hillary Clinton die präsidialen Sex-Eskapaden ihres Mannes Bill mit der damaligen Praktikantin Monica Lewinsky aus den 90er Jahren in die Schuhe zu schieben.

Wie sieht der Konter aus?

Trump ist bisher geschont worden. Seine Widersacher haben aus Angst, Anhänger des Unternehmers zu verprellen, nur mit gebremstem Schaum die Schwachstellen in der von Trump immer wieder erzählten Superman-Saga thematisiert. Clinton wird diese Zurückhaltung künftig nicht mehr üben. Ab sofort kommt alles, was Donald Trump sagt und tut, unter das Mikroskop. Ihre Kampagne hat jeden Stein in dessen schillernder Biografie umgedreht. Die „Giftschränke“ gegen den schwerreichen Geschäftsmann sind bis an den Rand gefüllt. Milliardenschwere Geldgeber werden Clinton dabei helfen, den Selbstdarsteller zu entzaubern.

Worauf wird sich Clinton konzentrieren?

Die Arbeitslosigkeit liegt bei fünf Prozent. Benzin ist spottbillig. Das Vertrauen in die Wirtschaft ist in den USA einigermaßen solide. Auch wenn viele Amerikaner massiv darüber klagen, dass der Aufschwung nach der Finanzkrise in den Jahren 2008 und 2009 an ihnen vorbeigegangen ist – so katastrophal schlecht, wie Trump das Land regelmäßig redet, ist Amerika nicht dran. Clinton wird sich als Sachwalterin von Präsident Barack Obama geben, die dessen Errungenschaften (Gesundheitsreform etc.) behutsam weiterführen will. Eine Botschaft, die in der gesellschaftlichen Mitte, wo Wahlen entschieden werden, bisher ankommt.

Hat Trump Überraschungen parat?

Seine radikalen, im Kongress zum Scheitern verurteilten Vorstöße haben vielen Amerikanern Angst gemacht. Sie mögen Trump nicht. Und sie halten seine Unberechenbarkeit, sein Ego und seinen Hang zu verbalen Aussetzern für eine Hypothek. Trump müsste seinen Ton domestizieren, Kompromissbereitschaft zeigen, kurzum: präsidiabel und versöhnend auftreten. Genau das, was seine glühenden Anhänger hassen, die ihm in den Vorwahlen ihr Vertrauen geschenkt haben. Keine Frage: Trump kann Chamäleon. Aber nehmen ihm die Wähler das im November in ausreichender Zahl auch ab?

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