Kommentar zur Regierungserklärung der Bundeskanzlerin Harte Jahre

Meinung | Bonn · Andrea Nahles plant schon für die Zeit nach 2021. Es ist die Zeit, von der bisher alle annehmen, dass Merkel dann abgetreten sein wird, kommentiert Holger Möhle.

 Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Foto: dpa

Angela Merkel steht vor ihrer schwierigsten Amtszeit. Die erfolglosen Jamaika-Sondierungen und die zähen Verhandlungen (mit einigen prominenten Opfern) für eine dritte Groko unter ihrer Führung waren Vorboten jener Herausforderungen, die diese nächsten dreieinhalb Jahre für die Bundeskanzlerin bereit halten werden.

In der Außenpolitik werden neben den nicht gelösten Krisen wie dem hybriden Krieg Russlands in der Ostukraine, dem Syrien-Krieg oder dem Atomdeal mit Iran neue Konflikte dazu kommen, die heute noch nicht auf dem Radarschirm sind. Völlig offen ist, wie sich die inzwischen von Hardlinern durchzogene US-Regierung von Präsident Nummer 45, Donald Trump, positionieren wird – gegenüber Europa und bilateral gegenüber Deutschland. Wird ein Handelskrieg die alten Partner weiter voneinander entfernen oder kann diese Gefahr eingedämmt werden?

Europa ist stark mit sich selbst und der Frage beschäftigt, wie ein Brexit möglichst frei von Schaden für alle Beteiligten über die Bühne gebracht werden kann. Allein der EU-Gipfel diese Woche in Brüssel wird zeigen, wie sehr Migration, faire Verteilung von Flüchtlingen, Absicherung europäischer Banken durch eine Bankenunion oder auch der Zwist mit dem schwierigen Partner Türkei den Klub der künftig 27 Staaten ohne Großbritannien in Atem hält. Merkel hat in ihrer Regierungserklärung auf viele dieser Konflikte und Herausforderungen verwiesen, weil sie weiß, dass das große Friedensprojekt Europa kein Selbstläufer ist.

Starke Opposition

In der Innenpolitik sieht sich Merkel und mit ihr CDU, CSU und SPD einer auch in der Zahl starken Opposition gegenüber. Diese Opposition wird sich nicht einig sein, weil die rechte Alternative für Deutschland vollständig auf eigene Karte spielen und die bewährten Gepflogenheiten im Deutschen Bundestag so gut es geht in Frage stellen wird. Die AfD ist auch eine Systemopposition. FDP, Linke und Grüne werden die große Koalition mit anderen, weniger national aufgeladenen Fragen treiben als die AfD.

Zusammen aber werden sie Merkels dritte Groko aus allen Richtungen angreifen, stellen, an manchen Punkten wie etwa Auslandseinsätzen der Bundeswehr aber auch mit den Koalitionsfraktionen stimmen. Merkel verfügt über eine eigentlich ausreichende Mehrheit von 44 Stimmen.

Doch schon ihre Wahl zur Bundeskanzlerin vorige Woche hat gezeigt, dass diese Mehrheit sehr schnell schmelzen kann – auf da gerade noch neun Stimmen. In der Union ist der Jubel über Merkels vierte Amtszeit eher verhalten. Junge Konservative sammeln sich, organisieren sich, planen schon für die Post-Merkel-Ära. Von der SPD mit ihrer Groko-Skepsis in Teilen der Partei muss Merkel wissen, dass diese schon gar nicht bedingungslos hinter ihr stehen wird. Andrea Nahles plant schon für die Zeit nach 2021. Es ist die Zeit, von der bisher alle annehmen, dass Merkel dann abgetreten sein wird.

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