Demonstrationen in Köln Hannelore Kraft ruft zur Mäßigung auf

Düsseldorf/Köln · Die NRW-Ministerpräsidentin appelliert vor den Demonstrationen in Köln an die türkischstämmige Bevölkerung. Die Sorge vor Ausschreitungen von Anhängern und Gegnern des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ist groß.

 Erdogan-Anhänger im Mai 2014 vor der Lanxess-Arena. Am Sonntag wollen wieder Tausende in Köln für den türkischen Staatschef demonstrieren.

Erdogan-Anhänger im Mai 2014 vor der Lanxess-Arena. Am Sonntag wollen wieder Tausende in Köln für den türkischen Staatschef demonstrieren.

Foto: dpa

In Nordrhein-Westfalen wächst die Sorge vor Ausschreitungen bei den für Sonntag in Köln geplanten Demonstrationen von Anhängern und Gegnern des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) forderte die Teilnehmer in einer Videobotschaft zum Gewaltverzicht auf. Der Rechtsstaat werde Ausgrenzung, Hass und Gewalt nicht tolerieren. Auch Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker und Polizeipräsident Jürgen Mathies mahnten die Teilnehmer zur Zurückhaltung.

Erwartet werden auf der Deutzer Werft mindestens 15 000 Erdogan-Anhänger. Polizeikreise rechnen aber inzwischen mit bis zu 30 000. Vier Gegenkundgebungen mit insgesamt bis zu 2500 Demonstranten wurden bisher angemeldet, darunter auch eine von Rechtsextremen. Die Polizei wird mindestens 2000 Beamte aufbieten, um für Ruhe zu sorgen.

„Tragen Sie einen innenpolitischen Konflikt der Türkei nicht in ihre Wahlheimat NRW, in ihre Familien, ihre Freundeskreise und auch nicht in ihre Herzen“, forderte Kraft am Mittwoch. Der Türkei warf sie vor, sich nach dem gescheiterten Putschversuch immer mehr von den Prinzipien der Verhältnismäßigkeit und Rechtsstaatlichkeit zu entfernen.

Reker bat gestern den türkischen Generalkonsul um Unterstützung. Er solle die Demonstranten zu einem friedlichen Auftreten bewegen. Polizeipräsident Mathies drohte: „Gegen jegliche Form von Gewalt und Aufrufe zur Gewalt wird die Polizei entschlossen einschreiten.“

Der Veranstalter der Großdemo bezeichnete die geplante Kundgebung am Sonntag hingegen als „Bekenntnis für Demokratie und Freiheit“. Zu dem Protest aufgerufen hat die Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD), die als verlängerter Arm der türkischen Regierungspartei AKP gilt.

UETD-Generalsekretär Bülent Bilgi wehrte sich gegen Kritik: „Dass es Politiker in NRW gibt, die ein Verbot der Demonstration fordern, halte ich für ein Unding. Das ist inakzeptabel“, sagte Bilgi. Zuletzt hatte der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach ein Demonstrationsverbot ins Gespräch gebracht.

Der Pädagoge Ahmet Toprak (Fachhochschule Dortmund) glaubt, dass Präsident Erdogan besonders gut bei den jüngeren Türkeistämmigen in Deutschland ankommt. „Ein beträchtlicher Anteil dieser jungen Menschen identifiziert sich mit der Türkei und nicht mit Deutschland. Viele können mit Merkel und Gauck wenig anfangen, aber mit Erdogan umso mehr“, sagte Toprak dieser Zeitung. Die jungen Leute litten unter fehlender sozialer Anerkennung. Erdogan, der aus einfachen Verhältnissen stammt, werde als „einer von ihnen“ wahrgenommen.

Nach dem gescheiterten Militärputsch in der Türkei waren Anhänger des türkischen Präsidenten Erdogan zuletzt auch in Deutschland gegen angebliche Gegner des Staatschefs vorgegangen. Angesichts der Spannungen innerhalb der türkischstämmigen Bevölkerung mahnten Politiker in Deutschland zuletzt wiederholt vor einer Eskalation von Gewalt und Hass.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort