Kanzlerkandidat der SPD Hannelore Kraft bekennt sich zu Martin Schulz

Düsseldorf · Martin Schulz ist Kanzlerkandidat der SPD. Hannelore Kraft erklärt ihr demonstratives Bekenntnis zum neuen Parteichef. Damit will sie auch einen bösen Verdacht ausräumen.

 Eingebunden? Hannelore Kraft (r.) mit Manuela Schwesig.

Eingebunden? Hannelore Kraft (r.) mit Manuela Schwesig.

Foto: dpa

Die SPD-Basis atmet auf: Mit Martin Schulz, glauben viele Mitglieder, zieht die Partei wohl doch nicht so chancenlos wie befürchtet in den Bundestagswahlkampf. Angela Merkel, die lange selbst unter Sozialdemokraten als unbesiegbar galt, bekommt einen echten Herausforderer. Während also in den Ortsvereinen und SPD-Bezirken in Nordrhein-Westfalen die Stimmung steigt, ist die Ministerpräsidentin noch damit beschäftigt, einen bösen Verdacht auszuräumen: Dass sie von Gabriels Rückzug und Schulz' Aufstieg regelrecht überrollt und überrumpelt worden sein soll.

Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin und Chefin des mitgliederstärksten SPD-Landesverbandes, gehört zum engsten Führungskreis ihrer Partei. Eigentlich unvorstellbar, dass strategisch wichtigste Entscheidungen wie die über die Kanzlerkandidatur und den Parteivorsitz an ihr vorbeilaufen.

Aber hatten nicht Kraft und ihr Landtagsfraktionschef Norbert Römer zuletzt laut für Gabriel getrommelt? Hatte sich nicht ausgerechnet die nordrhein-westfälische SPD so früh und deutlich wie kein anderer Landesverband auf Gabriel als Kanzlerkandidat versteift? Hatte Römer nicht im Herbst per Internetblog ein flammendes „Plädoyer für Sigmar Gabriel“ ins Land gesendet? Warum das alles, wenn sie doch wussten, dass es am Ende auf Schulz hinausläuft? FDP-Chef Christian Lindner spottete, Kraft gehöre wohl „nicht mehr zum Entscheidungszentrum der SPD“.

An diesen Gerüchten sei überhaupt nichts dran, versichert Kraft am Mittag. „Schon sehr lange“ sei sie in diese wichtigen parteiinternen Entscheidungen eng eingebunden gewesen. Das demonstrative Bekenntnis zu Gabriel war nötig, sagt sie, weil es in den vergangenen Monaten Unruhe in der Partei gegeben habe. Und in dieser Situation sollte ein Zeichen gesetzt werden: „Gabriel ist der Vorsitzende, und er genießt die absolute Loyalität der NRW-SPD.“ Für die Frage der Kanzlerkandidatur sei aber in der Führungsspitze entscheidend gewesen, „wer die besten Chancen hat“.

Die Basis hält sich nicht lange mit solchen Analysen auf. Sie freut sich offenbar mit großer Mehrheit auf Schulz, für den sie ab dem Sommer Plakate in den Städten kleben und Wahlkampfstände aufbauen werden. Schulz gilt unter ihnen als Neuanfang: Gerade weil er lange Jahre ausschließlich auf europäischer Ebene Politik gemacht hat, wird er als von außen Kommender wahrgenommen. „Unbelastet“ und „unverbraucht“, so bezeichnen viele Sozialdemokraten Schulz im Gespräch. Gabriel hingegen sei in der Öffentlichkeit gar eine „Reizfigur“ gewesen, deren Kanzlerkandidatur den Wahlkampf erschwert hätte.

Die Gewerkschafterin Susanne Neumann, die im vergangenen Jahr als neues SPD-Mitglied im Fernsehen Gabriel öffentlichkeitswirksam Kontra gab, nennt dessen Verzicht auf die Kanzlerkandidatur einen Schritt in die richtige Richtung, „wenn die SPD sich wirklich ein neues Gesicht als Arbeitnehmerpartei geben will“. Der Parteienforscher Ulrich von Alemann aus Düsseldorf lobte die Vielseitigkeit des sozialdemokratischen Aufsteigers. „Er kann den Stahlarbeiter ebenso ansprechen wie den Studienrat.“

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